Sozialgericht München S 44 KR 525/01

Sozialgericht München

Urteil vom 23.05.2003 (rechtskräftig)

Sozialgericht München S 44 KR 525/01

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Erstattung von Kosten für die Untersuchung der Klägerin mit einem sog. MRT-Open, d. h. einen offenen Kernspintomographen. Es handelt sich um einen Klagebetrag in Höhe von 1.111,80 DM (= 568,52 EUR).

Mit Überweisungsschein des Vertragsarztes Dr. G. und eines Kostenvoranschlages der Radiologiepraxis am P.latz beantragte die Klägerin am 14.03.2001 die Kostenübernahme einer diagnostischen Untersuchung in einem offenen Kernspintomographen mit der Begründung, dass sie an Klaustrophobie leide. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tag zurückgewiesen, da es sich bei der Untersuchung im MRT-Open um eine Leistung außerhalb des Systems handle und auch keine fundierten wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine mit dem herkömmlichen Kernspint vergleichbare Wirksamkeit gebe.

Am 16.03.2001 wurde die beantragte Untersuchung bei der Klägerin durchgeführt. Mit Schreiben vom 22.03.2001 legte sie unter Vorlage eines nervenärztlichen Attestes Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.06.2001 zurückgewiesen; hiergegen legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 13.Juli 2001 Klage zum Sozialgericht München ein.

In der mündlichen Verhandlung beantragt die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten,

den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2001 aufzuheben und die Beklagte zur Erstattung der Kosten für die MRT-Open-Untersuchung der Klägerin am 16.03.2001 in Höhe von DM 1.111,80 (568,52 Euro) zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass es sich bei der streitigen Untersuchungsmethode um ein noch nicht anerkanntes Verfahren handelt und daher eine Kostentragungspflicht der Krankenkassen nicht gegeben ist.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Klageakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG an das sachlich und örtlich zuständige Gericht gerichtete Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die durchgeführte Untersuchung hat.

Als Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Leistung kommt ausschließlich § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach sind die Kosten für eine solche Aufwendung von der Krankenkasse zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Im vorliegenden Fall war die Leistung nicht unaufschiebbar, da für eine dringende Behandlungsbedürftigkeit mit einem erheblichen Risiko für den Gesundheitszustand der Klägerin keine Anhaltspunkte bestehen; noch bestehen Hinweise auf ein sog. Systemversagen, das von der Rechtsprechung dann anerkannt wird, wenn der zuständige Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen ohne sachlichen Grund nicht oder nicht zeitgerecht über die Wirksamkeit der Methode entschieden hat (vgl. Urteil des BSG vom 03.04.2001, Az.: B 1 KR 22/00 R in SozR 3 2500 § 27 a Nr. 2).

Der Anspruch der Klägerin scheitert schließlich daran, dass die Untersuchung mit dem MRT-Open keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ist und die Beklagte die Kostenübernahme daher nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Bei der Untersuchung im MRT-Open handelt es sich um eine sog. “neue” Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Sinne des SGB V, da die Methode noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) enthalten ist. Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard entspricht, soll nach Wortlaut und Konzeption des Gesetzes nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. § 135 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V sehen daher vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung erst dann zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hierüber eine positive Empfehlung abgegeben hat. Dieser Erlaubnisvorbehalt hat konkret zur Folge, dass bei Fehlen einer solchen positiven Empfehlung – entweder weil der Bundesausschuss die Methode abgelehnt hat oder noch gar nicht darüber entschieden hat – die Krankenkassen die Kosten solcher Leistungen nicht übernehmen dürfen. Neben der Verwaltung sind aber auch die Gerichte an diese gesetzliche Regelung gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz), so dass eine Überprüfung im Einzelfall ausscheidet (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 19.02.2003, Az.: B 1 KR 18/01 R in ZFS 2300, S. 109 ff).

Da der Bundesausschuss keine positive Empfehlung hinsichtlich der MRT-Open-Untersuchung abgegeben hat, kann die Klägerin die Erstattung der angefallenen Kosten nicht von der Beklagten begehren. Die Klage war daher in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG.