Sozialgericht Neuruppin S 20 KR 104/07
Sozialgericht Neuruppin
Urteil vom 22.06.2010 (rechtskräftig)
- Sozialgericht Neuruppin S 20 KR 104/07
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für einen stationären Aufenthalt einer Versicherten der Beklagten.
1. Die bei der Beklagten versicherte Frau M R wurde aufgrund eines Einweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Stralsund zunächst im H-Klinikum in S und ab dem 26. April 2005 in der psychiatrischen Abteilung der R Kliniken, deren Träger die Klägerin ist, stationär behandelt. Die Unterbringung wurde durch Beschlüsse des Amtsgerichts Perleberg vom 20. Mai 2005 und vom 20. Juni 2005 verlängert. Die Klägerin beantragte bei der Beklagten mehrmals zeitlich begrenzt die Kostenübernahme. Dem stimmte die Beklagte jeweils zu. Die Kosten der stationären Behandlung wurden dementsprechend bis einschließlich 11. November 2005 durch die Beklagte übernommen und stehen außer Streit.
Die Klägerin schrieb der Beklagten unter dem 21. Oktober 2005 mit Bezug auf die Versicherte:
„Die bisherige Behandlung hat zu einer gewissen Stabilisierung des Gesundheitszustandes geführt, so dass in zirka vier Wochen eine Entlassung in eine Komplementäreinrichtung geplant ist. Der Gesundheitszustand der Obengenannten erfordert jedoch die weitere Führung in einer geschützten (geschlossenen) Einrichtung.
Frau R in einer entsprechenden Betreuungseinrichtung anzumelden, ist uns bisher trotz intensiver Bemühungen bundesweit nicht gelungen.
Wir bitten Sie deshalb, uns in diesem speziellen Fall bei der weiteren Versorgung dieser psychisch schwer und mehrfach gestörten Frau zu unterstützen, eine entsprechende Einrichtung für sie zu finden.“
Auf die Verlängerungsanzeige der Klägerin vom 9. November 2005 teilte die Beklagte nach Einholung eines Kurzgutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) vom 28. November 2005 der Klägerin mit, dass die Kosten für die über den 11. November 2005 hinausgehende stationäre Behandlung nicht mehr übernommen werden, da die stationäre Behandlung nicht länger medizinisch begründet sei. Der MDK führte unter dem 28. November 2005 aus, dass es im Verlauf der stationären Behandlung insbesondere unter Berücksichtigung des stationären Aufenthalts im Klinikum S und weiterer vorangegangener stationärer Behandlungen zu keiner wesentlichen Änderung der Symptomatik gekommen ist und daher von einer Therapieresistenz der Versicherten ausgegangen werde. Die – auch mit Hilfe des Landesamtes für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg vorgenommenen und bundesweit ausgerichteten – Versuche, eine geeignete Einrichtung für die Versicherte zu finden, blieben in der Folgezeit erfolglos. Die Versicherte konnte erst am 20. Juni 2006 in eine geeignete Einrichtung entlassen werden.
Auf die Rechnungen für die stationäre Behandlung ab dem 12. Dezember 2005 erfolgte keine Zahlung durch die Beklagten, die mit Schreiben vom 2. Januar 2006 der Klägerin sinngemäß mitteilte, keine Kosten über den 11. November 2005 hinausgehend zu übernehmen. Die Beklagte beglich dennoch einen Teilbetrag für die Leistungen bis zum 31. Dezember 2005 und forderte die Klägerin dann mit Schreiben vom 28. Februar 2006 zur Rückzahlung der für den Zeitraum 11. November 2005 bis 31. Dezember 2005 entrichteten Beträge erfolglos auf. Schließlich verrechnete die Beklagte die für den Zeitraum 12. November 2005 bis 31. Dezember 2005 geleistete Zahlung mit anderen Forderungen der Klägerin. Die Klägerin mahnte letztmalig unter dem 11. August 2006 die Zahlung an.
2. Mit der am 18. Juli 2007 bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die weiteren stationären Behandlungskosten für die Zeit vom 12. November 2005 bis zum 19. Juni 2006 für das Mitglied der Beklagten M R in Höhe von 43.657,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf den Forderungsbetrag ab 10. Juli 2006 endgültig zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Versicherte mit Schreiben vom 24. Februar 2010 unter Übersendung einer entsprechenden vorgefertigten Erklärung gebeten, ihr Einverständnis für die Beiziehung der Krankenakte über den streitgegenständlichen stationären Aufenthalt zu erklären und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Versicherte hat die Abgabe dieser Erklärung mit Schreiben vom 11. März 2010 verweigert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die als Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) statthafte und auch sonst zulässige Klage (vgl. Bundessozialgericht i. st. Rspr., etwa: Urteile vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R – m. w. N. [juris] und vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R – m. w. N. [juris]) war abzuweisen, da der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zusteht.
1. Die Voraussetzungen des streitigen Vergütungsanspruchs für die stationäre Behandlung nach dem 11. November 2005 liegen nicht vor.
a) Rechtsgrundlage des begehrten Anspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB V) i. V. m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für die Jahre 2005 und 2006. Der Vergütungsanspruch besteht unabhängig von etwaigen – lediglich deklaratorischen – Erklärungen der Beklagten zur Kostenübernahme mit der Inanspruchnahme der Leistungen durch den Versicherten, wenn dessen Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und diese Versorgung erforderlich (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) ist (vgl. Bundessozialgericht a.a.O., m. w. N.). Dieses ist nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nach Überzeugung des Gerichts (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht der Fall.
b) Der Große Senat des Bundessozialgerichts hat zur Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung und zum Prüfungsumfang der Gerichte ausgeführt (Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 [juris]):
„Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Das gilt auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses nicht zur Verfügung steht.
… Fest steht nach dem Wortlaut nur, dass der Aufenthalt im Krankenhaus einem Behandlungszweck dienen muss und die Krankenkasse deshalb nicht leistungspflichtig ist, wenn der Patient aktuell keiner ärztlichen Behandlung (mehr) bedarf, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit, zur Verwahrung oder zum Schutz der Öffentlichkeit, im Krankenhaus behalten oder dort untergebracht wird (ständige Rechtsprechung des BSG; siehe zuletzt BSGE 94, 161 = SozR 4-2500 § 39 Nr 4 RdNr 13 mwN; zum früheren Recht der RVO: BSGE 47, 83, 85 f = SozR 2200 § 216 Nr 2 S 3 f; BSGE 59, 116 = SozR 2200 § 184 Nr 27; BSG SozR 2200 § 184 Nr 22 S 32 f und Nr 28 S 41 ff). Davon geht auch der 3. Senat ausdrücklich aus (Beschluss vom 3. August 2006 – B 3 KR 1/06 S – Umdruck RdNr 5 und 8).
… Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so hat die Krankenkasse die Kosten einer dennoch durchgeführten stationären Krankenhausbehandlung auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt, die gegenwärtig außerhalb des Krankenhauses nicht gewährleistet ist.“
Das Gericht hat im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Dabei ist von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, dass die stationäre Behandlung des Patienten nicht gerechtfertigt gewesen war. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird „allerdings in Grenz- oder Zweifelsfällen bei einer nachträglichen Prüfung der Beurteilung des behandelnden Arztes besonderes Gewichts zukommen können, weil sich die in der Vergangenheit liegende Behandlungssituation auch bei einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Krankheitsgeschehens und des Behandlungsverlaufs unter Umständen nur begrenzt nachvollziehen lässt und der Krankenhausarzt im Zeitpunkt der Behandlung in Kenntnis des Patienten und aller für die medizinische Versorgung relevanten Umstände im Zweifel am ehesten einschätzen konnte, welche Maßnahmen medizinisch veranlasst waren“.
c) Von diesen Grundsätzen, denen das erkennende Gericht uneingeschränkt folgt, ausgehend, hat die Klägerin die Erforderlichkeit einer über den 11. November 2005 hinausgehenden stationären Krankenhausbehandlung nicht nachgewiesen, so dass nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten der Klägerin zu entscheiden war (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R – [juris]). Das Gericht stützt sich insoweit zunächst auf die sozial-medizinische Fallberatung des MDK vom 28. November 2005. Die dort mit Blick auf die Krankheits- und Behandlungsgeschichte der Versicherten dargelegte Begründung der Therapieresistenz ist insbesondere unter Berücksichtigung der in der Gerichtsakte befindlichen Verlängerungsanträge für das Gericht nachvollziehbar. Diese Einschätzung wird sodann durch das Schreiben der Klägerin vom 21. Oktober 2005 gestützt. Bereits zu diesem Zeitpunkt hat die Klägerin die Entlassung der Versicherten in eine geeignete Einrichtung in etwa vier Wochen angekündigt. Es spricht viel dafür, dass dieses Schreiben nach Einbeziehung der behandelnden Ärzte der Versicherten gefertigt worden ist, da sich dessen Inhalt letztlich an den medizinischen Gegebenheiten orientiert. Insoweit wird sogar die Einschätzung der behandelnden Krankenhausärzte, der nach der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Grenz- oder Zweifelsfällen besonderes Gewicht zukommt, Berücksichtigung gefunden haben. Auch deckt sich dieser Zeitraum jedenfalls in etwa mit dem Zeitraum, für den auch die Beklagte stationäre Behandlungsbedürftigkeit angenommen hat. Das Gericht stützt sich schließlich auf die sozial-medizinische Fallberatung des MDK vom 2. Februar 2006. Die Beklagte hatte unter dem 20. Januar 2006 um Prüfung und Begutachtung gebeten, „ob sich neue Aspekte ergeben haben, die gegen das Gutachten vom 28.11.05 und 02.11.05 sprechen“, was seitens des MDK unter Aufrechterhaltung der bisherigen Beurteilungen verneint wurde.
Es kommt entscheidungserheblich nicht darauf an, ob die Stellungnahmen des MDK vom 28. November 2005 sowie vom 2. Februar 2006 die Erforderlichkeit der stationären Behandlung nach dem 11. November 2005 zweifelsfrei widerlegen. Jedenfalls ergibt sich, dass die Einschätzung der Beklagten nicht losgelöst von medizinischen Sachverhalten und somit jedenfalls nicht willkürlich getroffen worden ist. Letztlich entscheidend ist, dass die Klägerin die behauptete Erforderlichkeit der streitigen stationären Behandlung nicht tragfähig nachgewiesen hat. Dem Gericht ist eine über die Auswertung und Würdigung der vorhandenen ärztlichen Stellungnahmen bzw. des zitierten Schreibens der Beklagten hinausgehende eigenständige Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge mangels eigener medizinischer Sachkunde verwehrt.
d) Davon abgesehen, dass auch die Klägerin keine Möglichkeit mehr gesehen hat, das Verfahren durch Sachverhaltsaufklärung oder Beweisbeibringung zu fördern (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 13. April 2010), bestehen für das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) keine (weiteren) Erkenntnismöglichkeiten.
aa) Das Gericht sieht sich nicht verpflichtet, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage ohne Beiziehung weiterer Behandlungsunterlagen zu erheben. Insoweit sind für diesen Einzelfall keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Das gilt auch in Ansehung der – ausdrücklich von den konkreten Einzelheiten des Einzelfalls losgelösten – Ausführungen des behandelnden Arztes der Versicherten Dr. E in der mündlichen Verhandlung, der von der ärztlichen Schweigepflicht gerade nicht entbunden war. Denn in der Gerichtsakte und in der Verwaltungsakte der Beklagten sind keine umfassenden einzelfallbezogenen medizinischen Unterlagen enthalten, die hinreichende Grundlage für eine sachverständige Begutachtung zu Diagnosen, Behandlungsverlauf, weiteren Behandlungsaussichten und somit insgesamt zur konkreten Erforderlichkeit der weiteren stationären Behandlung sein können. Selbst wenn ein Sachverständiger im Einklang mit Dr. E aus allgemeinen Erwägungen heraus die grundsätzliche Erforderlichkeit einer über den 11. November 2005 hinausgehenden stationären Krankenhausbehandlung begründen würde, ergäbe sich daraus keine hinreichende Sicherheit, ob für diesen konkreten Behandlungsfall aufgrund dessen Besonderheiten nicht doch Abweichendes zu gelten hätte. Allein mit Blick auf den Regelfall einer Krankenbehandlung kann die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung im Einzelfall im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht begründet werden.
bb) Eine Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nach Beiziehung der Behandlungsunterlagen ist vorliegend ebenso ausgeschlossen. Denn zur Überwindung der datenschutzrechtlichen Restriktionen fehlt es an dem Einverständnis der Versicherten. Ob eine weitere medizinische Aufklärung auch ohne dieses Einverständnis auf Grundlage einer gesetzlichen Bestimmung erfolgen darf, kann letztlich offenbleiben, da es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage fehlt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008 – B 6 KA 37/07 R – [juris], wonach in anderem Zusammenhang das Einverständnis des Versicherten nicht genügt).
(a) Die Beiziehung der Behandlungsunterlagen durch das Gericht stellt sich der Versicherten gegenüber als Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz – GG – i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG; BVerfGE 65, 1, 41 ff.). Auch das Gericht steht als grundrechtsverpflichtet nicht außerhalb des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 3 GG; vgl. Bieresborn, Aktuelle Probleme des Sozialdatenschutzes in systematischer Darstellung, ZFSH 2010, 199, 209). Unabhängig von einer denkbaren Grundrechtsverletzung ist es jedenfalls nicht schlechthin ausgeschlossen, dass die Beiziehung der Behandlungsunterlagen ohne Einverständnis bzw. Rechtsgrundlage ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat (vgl. bei Verletzung von § 200 Abs. 2 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuchs: Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – [juris]; vgl. auch: Bieresborn, a.a.O., S. 210 f.).
(b) Zunächst ist die durch die Versicherte unter dem 11. März 2010 erklärte Weigerung nicht schon deshalb unbeachtlich, weil für die Versicherte ein Betreuer bestellt worden ist. Denn der Betreute soll im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen gestalten, und der Betreuer hat grundsätzlich den Wünschen des Betreuten unter Beachtung dessen Wohls zu entsprechend (§ 1901 Abs. 2 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch BGB -). Insoweit besteht kein Anhaltspunkt für die Unbeachtlichkeit der Weigerung, selbst wenn der Betreuer für die „Vertretung gegenüber Behörden, Gerichten und Institutionen“ bestellt ist. Überdies handelt es sich bei der angefragten Einwilligung bzw. bei deren Ablehnung um eine höchstpersönliche Entscheidung, für die selbst bei einem – unterstellten – Einwilligungsvorbehalt die Entscheidung des Betreuers nicht genügen dürfte (vgl. etwa § 1903 Abs. 2 BGB). Letztlich ist vorliegend jedenfalls die (positive) Zustimmung erforderlich. Allein die Unwirksamkeit der erklärten Ablehnung genügt für die Beiziehung der Behandlungsunterlagen ebenso wenig wie das schlichte Schweigen auf eine entsprechende Anfrage des Gerichts. Für die Erteilung der Einverständnis- und Schweigepflichtentbindungserklärung durch den Betreuer ist aus den vorstehenden Gründen kein Raum, so dass das Gericht nicht gehalten war, an diesen heranzutreten.
Das erforderliche Einverständnis der Versicherten ist auch nicht im Rahmen des den Beteiligten und dem Gericht bekannten Aufnahmevertrags, der bei der Klägerin üblicher Weise Verwendung findet, erklärt worden. Unabhängig davon, dass sich in der Verwaltungsakte der Beklagten ein solcher nicht findet und die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend klären konnten, ob ein solcher durch die Versicherte unterzeichnet worden war, ergibt sich aus dem durch die Klägerin üblicher Weise verwendeten Formular keine Einwilligung in dem vorliegend erforderlichen Umfang. Der insoweit in Betracht kommende „Hinweis zur Datenverarbeitung“ lautet:
„Ich habe davon Kenntnis, dass im Rahmen des von mir bzw. zu meinen Gunsten mit dem Krankenhaus abgeschlossenen Vertrages Daten über meine Person, meinen sozialen Status sowie die für die Behandlungen notwendigen medizinischen Daten gespeichert, geändert bzw. gelöscht werden und im Rahmen der Zweckbestimmung unter Beachtung der jeweils datenschutzrechtlichen Regelungen an Dritte (z. B. Kostenträger, Nachsorgeleitstellen und Landesregister bei Tumorerkrankungen) übermittelt werden können. In der Regel handelt es sich hierbei um Daten wie z. B. Name, Geburtsdatum, Anschrift, Krankenversichertennummer, Versichertenstatus, Diagnosen, Operationen, Rehabilitationsmaßnahmen.“
Zunächst wird rein formal lediglich Kenntnis dokumentiert, nicht aber das Einverständnis erteilt. Sodann liegt der Zweck der Speicherung der medizinischen Daten in deren Notwendigkeit für die Behandlung, da sich aus dem Erklärungshorizont des Versicherten nichts anderes ergibt (vgl. auch zur Aufklärungspflicht über den Zweck: § 4 a Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz – BDSG -). Von der Behandlung ist jedoch die spätere Abrechnung der Leistungen gegen-über der Krankenkasse und erst recht deren noch später ggf. notwendig werdende gerichtliche Geltendmachung zu unterscheiden (vgl. zur Unterscheidung zwischen Erbringung der medizinischen Leistung und deren Abrechnung Simitis, in: ders., Bundesdatenschutzgesetz, 6. Auflage 2006, Rn. 342 zu § 28). Wegen der Zweckbindung der erhobenen Daten (vgl. BVerfGE 65, 1, 46; vgl. auch §§ 39, 14 Abs. 2 BDSG) ist eine enge Auslegung geboten. Auch die Übermittlung der Daten knüpft an die Zweckbestimmung an. Ferner gehen die Behandlungsunterlagen über den durch die beispielhaft aufgezählten Daten bestimmten Rahmen hinaus und würden die als Regel vorgesehene beispielhafte Aufzählung angesichts der Vielzahl von Abrechnungsstreitigkeiten in ihr Gegenteil verkehren. Schließlich gleichen die Daten, die beispielhaft zur Übermittlung aufgezählt werden, denen, die in § 301 Abs. 1 SGB V genannt sind. Im Rahmen des Abrechnungsverhältnisses ist jedoch bei Rechnungsprüfungen zwischen den (zunächst) gem. § 301 Abs. 1 SGB V zu übermittelnden Daten und weiteren gemäß §§ 275 Abs. 1, 276 Abs. 1 Satz 1 SGB V ggf. zu übermittelnden Daten, zu denen ggf. auch Behandlungsunterlagen gehören können, zu unterscheiden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. April 2009 B 3 KR 24/07 R – [juris]).
(c) Auch fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für die Übermittlung der Behandlungsunterlagen, nachdem die Versicherte ihr Einverständnis hierfür verweigert hat.
(aa) Dem Gericht steht es zwar zu, durch den Vorsitzenden Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beizuziehen (§ 106 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Diese Anordnungsbefugnis stellt sich jedoch als formelle Kompetenznorm ohne materiell-rechtlichen Gehalt dar und sagt nichts über die Herausgabepflicht des Adressaten (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, Rn. 10 zu § 106). Die Norm genügt nach ihrer Ausgestaltung nicht den Anforderungen, die an eine bereichsspezifische Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu stellen sind und schränkt daher das Grundrecht der Versicherten nicht wirksam ein. Unabhängig davon, ob die Klägerin bzw. das von ihr betriebene Krankenhaus bzw. die behandelnden Ärzte verpflichtet wären, einer ohne Rechtsgrundlage oder erteiltem Einverständnis ausgesprochenen Anordnung nachzukommen, darf nach Überzeugung des erkennenden Gerichts Entsprechendes nur dann verfügt werden, wenn diese Verfügung auf eine materiell-rechtliche Übermittlungsnorm oder aber auf das Einverständnis des Betroffenen gestützt werden kann (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 9, 10 zu § 106 m. w. N. und Rn. 6 ff. zu § 107 m. w. N.; Hintz, in: BeckOnline-Kommentar, Rn. 6 zu § 106 Sozialgerichtsgesetz; Pawlak, in: Hennig/Danckwerts, Sozialgerichtsgesetz, Rn. 61 f. zu § 106; vgl. auch Simitis, a.a.O., Rn. 98 zu § 1).
Dies korrespondiert im Ergebnis mit der wohl überwiegenden Verfahrensweise der erstinstanzlichen Sozialgerichte, bei Klagen von Versicherten oder Leistungsempfängern, bei denen es auf medizinische Sachverhalte ankommt, zunächst eine Schweigepflichtentbindungserklärung von diesen abzufordern, selbst wenn durch die Bezugnahme auf ärztliche Erkenntnisse sogar von der konkludenten Erteilung des Einverständnisses ausgegangen werden könnte (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 10 zu § 106). Es entbehrt einer tragfähigen Begründung, dass in sozialgerichtlichen Verfahren, an denen Versicherte nicht beteiligt sind und in denen es auf deren Sozialdaten ankommt, abweichend vorgegangen werden kann.
(bb) Auch die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bieten keine Rechtsgrundlage für eine Übermittlung der Behandlungsunterlagen. Das Bundessozialgericht hat zum Anwendungsbereich und zur Reichweite dieser Normen mit Bezug auf die Übermittlung von Daten an Abrechnungsstellen ausgeführt (Urteil vom 10. Dezember 2008 – B 6 KA 37/07 R – [juris]):
„Für eine Übermittlung von Patientendaten durch Leistungserbringer wie Krankenhäuser an externe Abrechnungsstellen fehlt – von wenigen Ausnahmen abgesehen – derzeit jedoch eine gesetzliche Grundlage. Die gesetzlichen Bestimmungen erscheinen insoweit allerdings als lückenhaft. So finden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB I wie des SGB X nach zutreffender Ansicht (Didong in jurisPK-SGB V, § 294 RdNr 7; Waschull in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung – Pflegeversicherung, Stand März 2008, § 294 SGB V RdNr 5; Kullmann, MedR 2001, S 343; Kamps/Kiesecker, MedR 1997, S 216; Mrozynski, NZS 1996, 545, 551; Lang, aaO S 66; im Sinne einer engen Auslegung auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.11.2005, L 10 KA 29/05 = GesR 2006, 456 = MedR 2006, 616 = Breith 2006, 904; offengelassen von BSGE 59, 172, 179 = SozR 2200 § 368 Nr 9 S 37) auf Leistungserbringer keine Anwendung, da sie allein den Schutz der Sozialdaten im Verwaltungsverfahren der Sozialleistungsträger regeln (Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 1.10.2008, § 35 SGB I RdNr 4). § 35 SGB I als Grundsatzbestimmung des sozialrechtlichen Datenschutzes (Seewald, aaO, RdNr 2), welche bestimmt, dass jeder Anspruch darauf hat, dass die ihn betreffenden Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs 1 SGB X nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis), gilt allein für Sozialleistungsträger und die weiteren in § 35 Abs 1 Satz 4 SGB I aufgeführten Stellen; die Aufzählung ist enumerativ und nicht analogiefähig (Paulus in jurisPK SGB I, § 35 RdNr 21; ebenso Seewald, aaO, RdNr 15). Nichts anderes gilt für die dieses Sozialgeheimnis konkretisierenden Normen in §§ 67 bis 85 SGB X. Aber auch das SGB V enthält in den §§ 284 ff (nahezu) ausschließlich Bestimmungen, die sich mit datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten durch Krankenkassen und KÄVen befassen, hingegen (nahezu) keine Regelungen, welche die Weitergabe von Patientendaten durch Leistungserbringer zum Gegenstand haben.
Der Umstand, dass die Datenweitergabe durch Leistungserbringer nur punktuell gesetzlich normiert ist, zwingt zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass sensible personenbezogene Daten ausschließlich zwischen den Leistungserbringern und den in § 35 SGB I näher bezeichneten Institutionen – also innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Bahnen – ausgetauscht werden. Dies bestätigt zudem die Annahme, dass der Gesetzgeber insbesondere die mögliche Einschaltung externer Abrechnungsstellen durch Leistungserbringer – über die ausdrücklich im Gesetz geregelten Fälle hinaus – weder beabsichtigt noch in Betracht gezogen hat.“
Das erkennende Gericht folgt diesen Ausführungen und vermag insoweit einen tragenden Unterschied zwischen der durch das Bundessozialgericht entschiedenen Streitigkeit auf dem Gebiet des Kassenarztrechts zu dem hier zu entscheidenden Leistungserbringer-Abrechnungsstreit auf dem Gebiet des Krankenversicherungsrechts datenschutzrechtlich nicht zu erkennen. Denn auch die Gerichte zählen nicht zu den in § 35 Erstes Buch des Sozialgesetzbuchs näher bezeichneten Institutionen, unterliegen aber ihrerseits dem Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.
(cc) Eine Rechtsgrundlage für die Beiziehung der Krankenakte ergibt sich auch nicht aus § 29 Gesetz zur Entwicklung der Krankenhäuser im Land Brandenburg (Brandenburgisches Krankenhausentwicklungsgesetz – BbgKHEG). Dieser lautet:
„Übermittlung von Patientendaten
Eine Übermittlung von Patientendaten an Personen oder Stellen außerhalb des Krankenhauses ist nur zulässig, soweit dies 1. zur Durchführung des Behandlungsvertrages, der weiteren Behandlung, der Nachbehandlung, der Rehabilitation oder Pflege der Patientin oder des Patienten erforderlich ist, soweit nicht die Patientin oder der Patient nach Hinweis auf die beabsichtigte Übermittlung etwas anderes bestimmt hat, 2. zur Vorbereitung und Durchführung eines mit der Behandlung in Zusammenhang stehenden gerichtlichen Verfahrens oder 3. zur Unterrichtung der Angehörigen im erforderlichen Maß notwendig ist, sofern die Patientin oder der Patient nicht widersprochen hat oder sonstige Anhaltspunkte bestehen, dass eine Übermittlung nicht angebracht ist. Eine Übermittlung der Daten nach Satz 1 ist nur zulässig, wenn die Zwecke nicht mit anonymisierten Daten erreicht werden können und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen.“
Das Gericht hat bereits Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm. Gegen diese könnte sprechen, dass dem Landesgesetzgeber auf dem Gebiet des Datenschutzrechts mit Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung wegen dessen umfassender bundesgesetzlicher Ausgestaltung im Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs keine Regelungskompetenz (mehr) zusteht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008 – B 6 KA 37/07 R – [juris] mit Bezug auf das Bundesdatenschutzgesetz: „Angesichts der als abschließend zu verstehenden bereichsspezifischen Regelungen ist eine entsprechende oder ergänzende Anwendung des BDSG im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches daher ausgeschlossen.“).
Weiterhin begegnet es Bedenken, ob die Norm als bereichsspezifische Regelung für einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend bestimmt ist. Die Patientendaten, deren Übermittlung in § 29 BbgKHEG geregelt ist, werden in § 27 Abs. 3 BbgKHEG definiert:
„Patientendaten sind alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse 1. bestimmter oder bestimmbarer Patientinnen oder Patienten aus dem Bereich der Krankenhäuser, 2. von deren Angehörigen und anderen Bezugspersonen und 3. sonstiger Dritter, die dem Krankenhaus im Zusammenhang mit einer stationären, teilstationären oder ambulanten Behandlung bekannt werden.“
Nach dieser Legaldefinition könnte es sich dabei sowohl um reine „Abrechnungsdaten“ (etwa: Name, Anschrift, Geburtsdatum, Aufnahme- und Entlassungstag, Krankenkasse, Versicherungsnummer etc.; vgl. § 301 Abs. 1 SGB V) oder aber auch um weitergehende höchstpersönlicher Gesundheitsdaten (etwa: Diagnosen, Behandlungsverlauf, Untersuchungsergebnisse etc.) handeln. Reichweite und Stellenwert des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gebieten es jedoch, dass der Gesetzgeber die Reichweite der einfach gesetzlichen Übermittlungsnorm selber hinreichend konkret bestimmt.
Auf diese Gesichtspunkte kommt es letztlich jedoch nicht entscheidungserheblich an, da der Übermittlung der Behandlungsunterlagen ein überwiegendes, schutzwürdiges Interesse der Versicherten entgegensteht (§ 29 Satz 2 BbgKHEG). Dieses ergibt sich auf Grundlage der dem Gericht gegenüber erklärten Weigerung der Versicherten, die sie in Ansehung des gerichtlichen Schreibens vom 24. Februar 2010, mit dem sie auf die Erforderlichkeit ihres Einverständnisses für die Rechtsfindung in diesem Verfahren hingewiesen worden war, erklärt hat. Die Versicherte ist insoweit auch schutzwürdig, da stationäre Aufenthalte in der Psychiatrie – anders als etwa die Behandlung wegen eines schlichten Arm- oder Beinbruchs – stets höchstpersönliche und höchstsensible Persönlichkeitsstrukturen zum Gegenstand haben und die Kenntnis dieser Umstände in gesteigertem Maß einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) – insbesondere in die Intimsphäre der Versicherten – zur Folge hat. Diese Einzelheiten werden in ihrer Gesamtheit nicht nur für das erkennende Gericht und im Rechtsmittelfall für die Rechtsmittelgerichte erkennbar, sondern auch für die mit der Wahrnehmung der Streitigkeit betrauten Mitarbeiter des Krankenhausträgers und die Prozessbevollmächtigten der Beteiligten sowie für die Sachverständigen und im Rahmen der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung jedenfalls grundsätzlich auch für jedermann (§ 112 Abs. 1 Satz 2 SGG sowie ggf. mündliche Urteilsbegründung). Einen Ausschluss der Öffentlichkeit wegen überragender Datenschutzbelange eines – nicht als Zeugen einbezogenen – Versicherten sieht das Prozessrecht nicht vor. § 61 SGG i.V.m. § 171 b Gerichtsverfassungsgesetz schützt nur den „persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, Zeugen oder durch eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 des Strafgesetzbuches) Verletzten“.
Letztlich ist der Vorrang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch nicht unverhältnismäßig, da es der Klägerin jedenfalls grundsätzlich möglich ist, die Zustimmung in dem für eine etwaige spätere Abrechnungsstreitigkeit erforderlichen Umfang unmittelbar bei dem Versicherten abzufordern, wenn nicht gar dieses datenschutzrechtliche Problem ohnehin nur durch ein Tätigwerden des Bundesgesetzgebers gelöst werden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Dezember 2008 – B 6 KA 37/07 R – [juris]).
(dd) Ein Rückgriff auf die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes hat zu unterbleiben, da für dessen Auffangfunktion kein Raum besteht (vgl. §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 Abs. 1 BDSG; vgl. auch Simitis, in: ders., Bundesdatenschutzgesetz, 6. Auflage 2006, Rn. 23, 111, 173 zu § 1 und Walz, in: Simitis, a.a.O., Rn. 9 zu § 4). § 29 BbgKHEG stellt sich als abschließende bereichs-spezifische Sonderregel dar, was sich insbesondere aus dessen Satz 2 ergibt. Der Landesgesetzgeber hat für den Ausgleich der widerstreitenden Interessen eine Kollisionsregel geschaffen, die durch die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts nicht umgangen werden darf.
cc) Auch eine Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nach Befragung der behandelnden Ärzte ist ausgeschlossen, da mangels Schweigepflichtentbindungserklärung der Versicherten eine Vernehmung der behandelnden Ärzte ohne deren Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht mit den strafrechtlichen Konsequenzen des § 203 Strafgesetzbuchs (StGB) nicht möglich ist. Es ist keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, die vorliegend eine Ausnahme von der ärztlichen Schweigepflicht begründet.
e) Der Klage war auch nicht wegen der durch die Beklagte ggf. zumindest teilweise wahrgenommen Aufgaben, die auch eine geeignete Einrichtung im Falle einer Verlegung der Versicherten nach dem 11. November 2005 hätte wahrnehmen müssen, teilweise stattzugeben. Es fehlt insoweit jedenfalls schon an einem fälligen Vergütungsanspruch, ohne dass es auf die fragliche Einstandspflicht der Beklagten ankommt. Eine den maßgeblichen Vergütungs¬(grund)¬sätzen genügende Rechnung ist nicht erteilt worden.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Weder die Klägerin noch die Beklagte sind in der Eigenschaft als Versicherter oder Leistungsempfänger am Verfahren beteiligt und damit nicht gemäß § 183 SGG kostenmäßig privilegiert.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Försterweg 2-6, 14482 Potsdam, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Neuruppin, Fehrbelliner Straße 4a, 16816 Neuruppin, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Neuruppin schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Lehmann