Bundessozialgericht B 3 KR 45/01 R

Bundessozialgericht

Urteil vom 21.02.2002

  • Sozialgericht Dortmund S 8 KR 155/99
  • Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 112/00
  • Bundessozialgericht B 3 KR 45/01 R

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2001 geändert. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. April 2000 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.

Gründe:

I

Es ist streitig, ob der Klägerin ein weiterer Vergütungsanspruch für Krankenhausleistungen in Höhe von 1.377,28 DM (jetzt: 704,19 Euro) zusteht.

Die Klägerin ist Trägerin des St. J. H. in B. , das in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen ist und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen angehört. Das Mitglied der Beklagten E. F. (Versicherter) befand sich dort in der Zeit vom 25. Oktober bis zum 5. November 1998 wegen Herz- und Kreislaufbeschwerden in stationärer Behandlung. Am 28. Oktober 1998 erfolgte eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie und am 2. November 1998 eine koronare Ballon-Dilatation (PTCA).

Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 15. Dezember 1998 neben den Abteilungs- und Basispflegesätzen (insgesamt 2.725,58 DM) für die Linksherzkatheteruntersuchung das Sonderentgelt 21.01 (1.766,68 DM) und für die Ballon-Dilatation das Sonderentgelt 20.02 (6.740,10 DM) in Rechnung. Die Beklagte zahlte neben den Pflegesätzen an Stelle der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 das Sonderentgelt 21.02 (7.129,50 DM), mithin einen um 1.377,28 DM reduzierten Betrag (Klageforderung). Sie vertrat die Ansicht, wenn während eines stationären Aufenthalts neben einer Linksherzkatheteruntersuchung eine koronare Ballon-Dilatation durchgeführt werde, komme nach den Bestimmungen der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) insgesamt nur eine Vergütung nach dem Sonderentgelt 21.02 in Betracht. Dies gelte unabhängig davon, ob beide Maßnahmen gleichzeitig (ein Eingriff) oder an verschiedenen Tagen (zwei Eingriffe) durchgeführt werden. Die Klägerin meint hingegen, die Sonderentgelte 21.01 und 20.02 seien dann nebeneinander abrechenbar, wenn – wie hier – beide Maßnahmen nicht gleichzeitig durchgeführt worden sind und dies aus medizinischen Gründen geboten gewesen sei. Die Frage, ob die Beschwerden des Versicherten nur durch eine (erneute) Bypass-Operation oder auch durch eine Ballon-Dilatation zu beheben seien, habe zum Zeitpunkt der Linksherzkatheteruntersuchung und Koronarangiographie noch nicht entschieden werden können. Die Möglichkeit, die Behandlung auf einen Eingriff zu beschränken, habe daher nicht bestanden.

Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben (Urteil vom 28. April 2000). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. April 2001). Es ist der Auffassung der Beklagten gefolgt, das Sonderentgelt 21.02 umfasse auch die getrennte Durchführung beider Maßnahmen.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Auslegung der Sonderentgelt-Bestimmungen durch das LSG als Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm § 14 Abs 3 BPflV). Bei medizinisch gebotener getrennter Durchführung beider Maßnahmen habe die Vergütung nach den Sonderentgelten 21.01 und 20.02 zu erfolgen. Das Sonderentgelt 21.02 sei nur einschlägig, wenn beide Maßnahmen während des gleichen Eingriffs durchgeführt werden.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2001 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 28. April 2000 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie hat zutreffend die Vergütung nach den Sonderentgelten 21.01 und 20.02 berechnet. Die Beklagte hat deshalb über den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 9.855,08 DM hinaus weitere 1.377,28 DM (jetzt: 704,19 Euro) zu vergüten. Daher war das zusprechende Urteil des SG wieder herzustellen.

Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass bereits durch die Inanspruchnahme der Krankenhausbehandlung als Sachleistung durch den Versicherten (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) iVm § 39 Abs 1 SGB V) in dem nach § 108 Nr 2 SGB V zugelassenen Krankenhaus (Plankrankenhaus) unmittelbar eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin begründet worden ist (vgl hierzu Urteil des Senats vom 21. November 1991 – 3 RK 32/89 – BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1; Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: August 2000, § 109 SGB V RdNr 8). Die Krankenhausbehandlung war notwendig. Ein Vertragsarzt hatte die Erforderlichkeit der stationären Behandlung mittels Verordnung (vgl §§ 73 Abs 2 Nr 7, Abs 4; 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V) bescheinigt; das Behandlungsziel konnte nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V).

Den Rechtsausführungen des LSG zur Höhe des Vergütungsanspruchs vermag der Senat aber nicht zu folgen. Grundlage des Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV getroffenen vertraglichen Vereinbarungen (vgl hierzu Urteil des Senats vom 26. April 2001 – B 3 KR 16/00 R – SozR 3-5565 § 14 Nr 1). Nach § 16 Satz 1 Nr 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl I S 1520) erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über die Krankenhauspflegesätze, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs 1 Satz 1, Abs 2 KHG). Nach § 17 Abs 2a KHG sind für die Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen schrittweise Fallpauschalen und Sonderentgelte einzuführen (Satz 1), die bis zum 31. Dezember 1997 in der Rechtsverordnung nach § 16 Satz 1 Nr 1 KHG bestimmt wurden (Satz 2). Erstmals für den – hier betroffenen – Pflegesatzzeitraum 1998 sollten die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung vereinbaren (Satz 3). Die Entgeltkataloge sind für diejenigen Krankenhausträger unmittelbar verbindlich, die Mitglieder einer Landeskrankenhausgesellschaft sind; andernfalls sind die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zu Grunde zu legen (Satz 6). Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte gelten ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Die Vereinbarung weiterer Fallpauschalen und pauschalierter Sonderentgelte durch die in Satz 3 genannten Träger der Selbstverwaltung ist möglich (Satz 9). Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (Satz 10). Zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte erfasst werden, sind tagesgleiche Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für sonstige Leistungen vorzusehen (Satz 12).

Die auf Grund der gesetzlichen Ermächtigung des § 16 Satz 1 KHG erlassene BPflV vom 26. September 1994 (BGBl I S 2750) hat diese gesetzlichen Vorgaben unter teilweiser Wiederholung präzisiert. Sonderentgelte, um die es hier allein geht, sind nach § 10 Abs 1 iVm § 11 Abs 2 BPflV neben den Fallpauschalen (§ 11 Abs 1 BPflV), dem Gesamtbetrag (Budget, § 12 BPflV) und tagesgleichen Pflegesätzen (§ 13 BPflV) ein Element der Vergütung allgemeiner Krankenhausleistungen iS des § 2 Abs 2 BPflV. Zur Konkretisierung der Fallpauschalen und Sonderentgelte legte die Bundesregierung als Verordnungsgeber zum 1. Januar 1995 gemäß den Anlagen zu § 11 BPflV Entgeltkataloge und differenzierte Punktzahlen fest, die bis zum 31. Dezember 1997 zwingenden Rechtsnormcharakter hatten (vgl Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand: Dezember 2000, § 15 BPflV Anm 2.1). Seit dem 1. Januar 1998 gelten die Fallpauschalen und Sonderentgelte nach § 17 Abs 2a Satz 7 KHG idF vom 23. Juni 1997 als zwischen den Trägern der Selbstverwaltung (§ 17 Abs 2a Satz 3 und 6 KHG) vertraglich vereinbart. Die Entgelt-Kataloge sind seit diesem Zeitpunkt nicht mehr rechtlicher Bestandteil der BPflV; Gleiches gilt für die – nunmehr den Entgelt-Katalogen vorangestellten – Abrechnungsbestimmungen. Beide Komplexe sind der Selbstverwaltung auf Bundesebene zur eigenverantwortlichen Weiterentwicklung übertragen worden (vgl Tuschen, Krankenhaus Umschau 1997, 877, 878 sowie Tuschen/Quaas, BPflV, 5. Aufl 2001, S 337). Der Begriff “Sonderentgelt-Katalog” (Anlage 2 zu § 11 Abs 2 BPflV) wurde zeitgleich ersetzt durch den Begriff “Bundesweiter Sonderentgelt-Katalog für Krankenhäuser”. Nach § 11 Abs 2 BPflV idF der ebenfalls zum 1. Januar 1998 in Kraft getretenen 5. Änderungsverordnung zur BPflV vom 9. Dezember 1997 (BGBl I S 2874) wird mit den Sonderentgelten ein Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen für einen in den Entgeltkatalogen nach § 15 Abs 1 Nr 1 oder § 16 Abs 2 BPflV bestimmten Leistungskomplex eines Behandlungsfalles vergütet. Nach § 15 Abs 1 Nr 1 BPflV ist es den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Verband der privaten Krankenversicherung sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene überlassen, mit Wirkung für die Vertragsparteien in dem jeweiligen Bundesland die bundesweit geltenden Entgeltkataloge für Fallpauschalen und Sonderentgelte nach § 17 Abs 2a KHG und deren Weiterentwicklung einschließlich der Abrechnungsbestimmungen zu vereinbaren.

Sonderentgelte werden nach Nr 1 der – dem Sonderentgelt-Katalog vorangestellten – Abrechnungsbestimmungen für die im Entgeltkatalog bestimmten Leistungskomplexe berechnet. Nach Nr 2 Satz 1 der Abrechnungsbestimmungen ist maßgeblich für die Zuordnung eines Patienten zu einem Sonderentgelt und damit für die Abrechenbarkeit des Entgelts der im Entgeltkatalog ausgewiesene Leistungskomplex. Dabei gilt gemäß Nr 2 Satz 2 für die Bestimmung des maßgebenden Sonderentgelts (Spalte 1) folgende Rangfolge der Definitionen:

a) der Operationenschlüssel nach dem OPS-301 (Spalte 4);

b) der Diagnosenschlüssel nach der ICD (Spalte 3), soweit ein solcher vorgegeben ist, um Sonderentgelte voneinander abzugrenzen, für die in Spalte 4 dieselbe operative Leistung ausgewiesen ist;

c) die Textdefinition (Spalte 2); sie ist maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Sonderentgelte mit den Schlüsseln nach Spalte 4 und 3 nicht dargestellt werden kann und somit nur aus der Textfassung hervorgeht.

Der Sonderentgelt-Katalog in der für das Leistungsjahr 1998 maßgebenden Fassung sieht ua folgende Sonderentgelte vor:

Das Sonderentgelt 20.02 (Kapitel II Sonstige therapeutische Maßnahmen, Gruppe 20: Maßnahmen für den Blutkreislauf) betrifft nach OPS-301 (Spalte 4) die Leistung 8-837.0 (Angioplastie, Ballon) mit folgender Definition (Spalte 2):

“Dilatation eines oder mehrerer koronarer Gefäße (PTCA): Perkutane, transluminale Dilatation und Rekanalisation von Koronararterien, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs bei Ein- und Mehrgefäßerkrankungen, ggf auch mehrfach während des stationären Aufenthalts, einschließlich erforderlicher Kontrollangiographien und Reinterventionen.”

Das Sonderentgelt 21.01 (Kapitel III Diagnostische Maßnahmen, Gruppe 21: Untersuchungen der Körpersysteme) betrifft nach OPS-301 die Leistungen 1-275.0 bis 2 (1-275.0 Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie; 1-275.1 Koronarangiographie, Druckmessung in der Aorta und Aortenbogendarstellung; 1-275.2 Koronarangiographie, Druckmessung in der Aorta) und wird wie folgt definiert:

“Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie, ggf mit Anlage eines temporären Schrittmachers, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs, ggf auch mehrfach während des stationären Aufenthalts, soweit nicht während des gleichen Eingriffs eine Dilatation durchgeführt wird.”

Das Sonderentgelt 21.02 (Kapitel III Diagnostische Maßnahmen, Gruppe 21: Untersuchungen der Körpersysteme) betrifft nach OPS-301 ebenfalls die Leistungen 1-275.0 bis 2, jedoch kombiniert mit der Leistung 8-837.0; es wird definiert als:

“Linksherzkatheteruntersuchung bei Ein- und Mehrgefäßerkrankungen mit Koronarangiographie und Dilatation eines oder mehrerer koronarer Gefäße (PTCA), ggf mit Anlage eines temporären Schrittmachers, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs, ggf auch mehrfach während des stationären Aufenthalts, nicht zusätzlich abrechenbar zu den Sonderentgelten 20.02 und 21.01.”

Die Spalte 3 (Diagnosenschlüssel nach der ICD) enthält jeweils keine Eintragungen.

Gegen die Verbindlichkeit der genannten Sonderentgelte und Abrechnungsbestimmungen für die Beteiligten bestehen im vorliegenden Fall keine Bedenken. Mit der bereits erwähnten 5. Änderungsverordnung zur BPflV ist das Ziel gesetzt worden, den Fallpauschalenkatalog und die Abrechnungsbestimmungen der Selbstverwaltung (durch die Spitzenverbände der Krankenkassen, den Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft) “zu übertragen und somit aus der Verordnung herauszunehmen” (BR-Drucks 802/97, S 60, zu Nr 20). Mit der gesetzlichen Anweisung in § 17 Abs 2a Satz 7 KHG, dass die in der BPflV bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart zu gelten haben, hat der Gesetzgeber deren Fortgeltung bis zu einer vertraglichen Änderung angeordnet. Die Selbstverwaltung hat aber die einschlägigen Sonderentgelt-Regelungen und Abrechnungsbestimmungen bis zu dem hier betroffenen Zeitraum nicht geändert.

Die Klägerin hat die erbrachten Krankenhausleistungen zu Recht nach den Sonderentgelten 20.02 und 21.01 berechnet. Das Sonderentgelt 21.02 betrifft nur Fälle der gleichzeitigen Durchführung der Linksherzkatheteruntersuchung und der Ballon-Dilatation. Dies ergibt sich aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang der Vergütungsregelung.

Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut, ergänzend auch noch nach systematischem Zusammenhang, auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (so bereits Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 1/01 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sofern sich in der Praxis erweist, dass es dabei zu Bewertungsunstimmigkeiten und sonstigen Ungereimtheiten kommt, ist es Aufgabe der Vertragspartner, die nunmehr dafür zuständig sind, dies durch Weiterentwicklung der Fallpauschalen- bzw Sonderentgelt-Kataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben (§ 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BPflV). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle nach § 18a Abs 6 KHG anzurufen (§ 15 Abs 4 BPflV), bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Dabei sind die Entscheidungen der Schiedsstelle nur beschränkt überprüfbar (vgl BSGE 20, 73, 76 ff = SozR Nr 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1). Dies entspricht auch der Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im vertragsärztlichen Bereich (vgl BSG SozR 3-5533 Nr 7103 Nr 1 mwN).

Die – vorrangig heranzuziehenden – Abrechnungsbestimmungen des Sonderentgelt-Katalogs enthalten zu der hier relevanten Abrechnungsfrage keine Regelung. Zu den Sonderentgelten der Kapitel II (Gruppe 20) und III (Gruppe 21) sind in Nr 5 der Abrechnungsbestimmungen zwar zahlreiche Konstellationen bezüglich der Sonderentgelte 20.01, 20.02, 21.01 und 21.02 aufgeführt, die ausdrücklich als abrechnungsfähig oder ausdrücklich als nicht abrechnungsfähig erklärt worden sind (“konsentierte Abrechnungskonstellationen”). Zu der hier interessierenden Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Sonderentgelte 20.02 und 21.01 nebeneinander abrechnungsfähig sind, ist dort jedoch keine Regelung getroffen worden. Ebenso wenig enthalten die Abrechnungsbestimmungen eine Vorschrift, dass bei Durchführung der Leistungen 1-275.0 bis 2 sowie 8-837.0 während eines stationären Aufenthalts stets nur das Sonderentgelt 21.02 abrechnungsfähig ist. Es finden sich dort lediglich Bestimmungen, nach denen die Sonderentgelte 20.02 einerseits und 21.01 andererseits jeweils nicht mit dem Sonderentgelt 21.02 parallel abgerechnet werden können. Darum geht es hier aber nicht.

Die Frage der parallelen Abrechnung der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 ist von den Trägern der Selbstverwaltung in den Abrechnungsbestimmungen bewusst offen gelassen worden. In der Sitzung des Koordinierungsausschusses am 17. September 1998 haben die Vertreter der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft keine Einigung über den auf Arbeitsebene vorbereiteten Beschlussvorschlag erzielen können, nach dem die Parallelabrechnung möglich sein sollte, “wenn zunächst die Leistung nach 21.01 und in einem erneuten Eingriff die Leistung nach 20.02 erbracht wird” (vgl Nachweis bei Vollmer/Vollmer, BPflV, Stand April 1999, Bundesregelungen, Ordnungsnummer 1015 S 30, 31).

Lediglich in einem Bundesland, nämlich in Baden-Württemberg, scheint die Frage geklärt zu sein. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft, die Verbände der Krankenkassen des Landes Baden-Württemberg und der Landesausschuss des Verbandes der privaten Krankenversicherung haben sich am 18. Januar 2000 in einer “Gemeinsamen Absprache III” für die Zeit ab dem Jahr 2000 darauf verständigt, die parallele Abrechnung der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 nicht zuzulassen (vgl Schaubild zu den Abrechnungsregeln im Teil F der Gemeinsamen Absprache III, abgedruckt bei Dietz/Bofinger aaO, S 651). Die Träger der Selbstverwaltung in Baden-Württemberg verstehen den Begriff der “kombinierten” Durchführung der Maßnahmen 1-275.0 bis 2 und 8-837.0 offenbar – ebenso wie die Beklagte und Teile des Schrifttums (Strehlau-Schwoll, Handbuch zur Abrechnung von Krankenhausleistungen, Stand Dezember 1999, Teil III RdNr 2 zu SE 21.02) – in dem Sinne, dass es nicht darauf ankommt, ob beide Maßnahmen während eines stationären Aufenthalts des Versicherten gleichzeitig (in einem Eingriff) oder an verschiedenen Tagen (in zwei Eingriffen) vorgenommen werden. Nur so lässt sich das Verbot der parallelen Abrechnung der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 gemäß den vereinbarten Abrechnungsregeln des Schaubildes aus der ausdrücklichen Vereinbarung ableiten, bei “kombinierter” Erbringung der Leistungen 20.02 und 21.01 werde das Sonderentgelt 21.02 abgerechnet, jedoch nur einmal während eines Krankenhausaufenthalts (vgl Nachweis bei Dietz/Bofinger aaO). Inhaltlich widerspricht diese Auslegung des Begriffs der “kombinierten” Durchführung beider Maßnahmen den Vorgaben des Sonderentgelt-Katalogs, wie noch auszuführen sein wird. Die Frage, ob die “Gemeinsame Absprache” der Träger der Selbstverwaltung in Baden-Württemberg insoweit dennoch wirksam ist, insbesondere ob sie den Anforderungen des § 16 BPflV (“Vereinbarungen auf Landesebene”) genügt, braucht indes nicht entschieden zu werden, weil sie nicht in den fünfzehn anderen Bundesländern gilt. Sie ist also auch nicht für das hier betroffene Land Nordrhein-Westfalen maßgebend.

Der parallelen Abrechnung der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 steht nicht die Bestimmung des § 14 Abs 6 Satz 2 Nr 1 BPflV entgegen, nach der zusätzlich zu einem Sonderentgelt ein weiteres Sonderentgelt nur in den Fällen berechnet werden darf, in denen dies in den Entgeltkatalogen nach § 15 Abs 1 Nr 1 und § 16 Abs 2 BPflV zugelassen ist, sowie bei der Behandlung von Blutern (§ 11 Abs 2 Satz 3 BPflV). Bei rein wörtlichem Verständnis dieser Vorschrift wäre die parallele Abrechnung der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 allerdings nur zulässig, wenn dies im Sonderentgelt-Katalog selbst oder in den vorangestellten Abrechnungsbestimmungen ausdrücklich zugelassen worden wäre. Eine solche Auslegung wäre jedoch verfehlt; die lückenlose Auflistung aller überhaupt vorstellbaren Fälle der Verwirklichung zweier oder mehrerer Leistungskomplexe während einer stationären Behandlung ist mit der Regelung offenkundig nicht bezweckt. Nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinnzusammenhang betrifft die mit der 5. Änderungsverordnung zur BPflV geschaffene Regelung des § 14 Abs 6 Satz 2 Nr 1 BPflV nur die Frage der doppelten Abrechnung desselben Sonderentgelts bei Wiederholung einer medizinischen Maßnahme sowie die Frage der Abrechnung zweier verschiedener Sonderentgelte im Falle der gleichzeitigen, also in einem Eingriff zusammengefassten Durchführung zweier Maßnahmen (vgl hierzu Tuschen, Krankenhaus Umschau 1997, 877, 879). Dementsprechend heißt es in Nr 3 der Abrechnungsbestimmungen, zusätzlich zu einer Fallpauschale (§ 14 Abs 6 Satz 1 Nr 1 BPflV) oder zu einem Sonderentgelt (§ 14 Abs 6 Satz 2 Nr 1 BPflV) für Operationen (Kapitel I des Sonderentgelt-Katalogs) dürfe ein weiteres Sonderentgelt nur berechnet werden bei einer Operation an einem anderen Operationstermin, bei einer Operation an demselben Operationstermin, wenn der Eingriff in einem anderen Operationsgebiet über einen gesonderten Operationszugang vorgenommen wird (zB Operation eines beidseitigen Leistenbruchs), bei einer Rezidiv-Operation (Wiederkehren der ursprünglichen Erkrankung; nicht bei Komplikationen) während desselben Krankenhausaufenthalts sowie bei Leistungen, bei denen dies aus der Leistungsdefinition hervorgeht (so genannter Positiv-Katalog, vgl Tuschen/Quaas aaO S 338). Soweit Sonderentgelte für Leistungskomplexe vorgesehen sind, die inhaltlich klar voneinander zu trennen sind, sich nicht überschneiden und die – wie hier – nicht gleichzeitig ausgeführt werden, ist die ausdrückliche Anordnung der parallelen Abrechenbarkeit der in Betracht kommenden Sonderentgelte nicht erforderlich; die Vorschrift des § 14 Abs 6 Satz 2 Nr 1 BPflV ist in diesem Sinne einengend auszulegen.

Nach der Rangfolge der Definitionen gemäß Nr 2 der Abrechnungsbestimmungen ist bei Fehlen ausdrücklicher Sonderregelungen in der BPflV und den Abrechnungsbestimmungen zunächst der OPS-301 (Spalte 4) maßgebend. Dabei “kombiniert” das Sonderentgelt 21.02 nach dem Operationenschlüssel die Leistungen 1-275.0 bis 2 (Linksherzkatheteruntersuchung) mit der Leistung 8-837.0 (Ballon-Dilatation), die sonst als Einzelleistungen bzw separate Leistungskomplexe in den Sonderentgelten 20.02 und 21.01 genannt sind. Weitere textliche Hinweise zum Begriff “Kombination” gibt es nicht. Damit bleibt nach dem reinen Wortsinn offen, ob die Einzelleistungen gleichzeitig erbracht werden müssen oder ob es ausreicht, dass sie während eines stationären Aufenthalts erbracht werden. Der Begriff “kombiniert” schließt – isoliert betrachtet – beide Möglichkeiten ein, auch wenn ein Verständnis im Sinne eines zeitlichen Zusammenfallens näher liegen mag.

Der Wortgebrauch spricht jedoch im systematischen Zusammenhang entscheidend dafür, dass der Begriff “kombiniert” nur die gleichzeitige Durchführung beider Maßnahmen, also die Zusammenfassung in einem Eingriff, meint, nicht aber (auch) die getrennte Durchführung in zwei Eingriffen während eines stationären Aufenthalts. Der Begriff “kombiniert” wird in der Spalte 4 bei zahlreichen Sonderentgelten zu operativen Maßnahmen verwendet. Er bedeutet dort ausnahmslos, dass zwei oder mehrere Einzelmaßnahmen gleichzeitig ausgeführt, also in einem Eingriff zusammengefasst werden. Dementsprechend ist nach Nr 3 der Abrechnungsbestimmungen die Abrechnung eines weiteren Sonderentgelts grundsätzlich untersagt, wenn neben einer durch eine Fallpauschale oder ein Sonderentgelt abgegoltenen Maßnahme während des gleichen Operationstermins eine zusätzliche Maßnahme ausgeführt wird. Ein derartiger Zusatzaufwand ist von vornherein in die Bewertungsrelationen der Entgeltkataloge einkalkuliert worden (Tuschen, Krankenhaus Umschau 1997, 877, 880). Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Verordnungsgeber habe den Begriff “kombiniert” beim Sonderentgelt 21.02 anders verstanden als bei den Sonderentgelten für die Operationen.

Bestätigt wird diese am Operationenschlüssel der Spalte 4 orientierte Auslegung der Vergütungsregelung durch die – nach Nr 2 der Abrechnungsbestimmungen bei etwaigen Zweifeln in einem nächsten Schritt heranzuziehenden – Entgeltdefinitionen der Spalte 2. Hieraus ergibt sich ebenfalls, dass die Sonderentgelte 20.02 und 21.01 nebeneinander abgerechnet werden können, wenn beide Maßnahmen getrennt voneinander durchgeführt worden sind, während das Sonderentgelt 21.02 nur die gleichzeitige Durchführung beider Maßnahmen betrifft.

Dafür spricht vor allem die Textdefinition zum Sonderentgelt 21.01, wonach die Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie nicht nach diesem Entgelt zu vergüten ist, wenn “während des gleichen Eingriffs” eine Dilatation durchgeführt wird. Ist dies der Fall, wird das Sonderentgelt 21.02 fällig. Abgestellt wird somit allein auf die Gleichzeitigkeit der Dilatation, nicht aber darauf, dass diese noch während des gleichen stationären Aufenthalts vorgenommen wird. Die Entgeltdefinitionen unterscheiden deutlich zwischen den Eingriffen und dem stationären Aufenthalt. Auch die Überlegungen zur Neufassung der Entgeltkataloge halten an der gleichzeitigen bzw getrennten Durchführung medizinischer Maßnahmen als maßgeblichem Differenzierungskriterium fest (vgl Gutachten zur Weiterentwicklung der Fallpauschalen und Sonderentgelte nach der BPflV, Bd 93 der Schriftenreihe des BMG, Stand September 1997, S I-81 ff, S II-36 ff).

Weiterhin spricht die Textdefinition des Sonderentgelts 21.02 selbst für die Abrechnung nach den Sonderentgelten 20.02 und 21.01 bei getrennten Eingriffen. Der Hinweis, das Sonderentgelt 21.02 sei “nicht zusätzlich abrechenbar zu den Sonderentgelten 20.02 und 21.01”, legt nahe, dass die Sonderentgelte 20.02 und 21.01 nebeneinander abgerechnet werden können. Denn nur dann ergibt der Hinweis einen Sinn. Da das Sonderentgelt 21.02 höher ist als die einzelnen Sonderentgelte 20.02 und 21.01, aber niedriger als die Summe der Entgelte 20.02 und 21.01, kann kaum gemeint sein, dass das höhere Sonderentgelt 21.02 “nicht zusätzlich abrechenbar” ist zu dem jeweils niedrigeren Sonderentgelt 20.02 und 21.01, sondern es entfällt bei paralleler Abrechnung der insgesamt höheren Sonderentgelte 20.02 und 21.01. Der umgekehrte Fall, nämlich das Verbot der parallelen Abrechnung der jeweiligen Sonderentgelte 20.02 und 21.01 neben dem Sonderentgelt 21.02, ergibt sich bereits unmittelbar aus den Abrechnungsbestimmungen (Nr 5).

Der parallele Ansatz der Sonderentgelte 20.02 und 21.01 ist demnach rechtlich möglich. Die getrennte Durchführung der Maßnahmen war auch medizinisch notwendig. Die Klägerin hat im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen die gleichzeitige Durchführung beider Maßnahmen hier nicht in Betracht kam. Die Entscheidung des behandelnden Krankenhausarztes begründet (“prima facie”) den Beweis des ersten Anscheins, dass die getrennte Durchführung beider Maßnahmen nach den Gegebenheiten des Falles medizinisch angezeigt gewesen ist (vgl Urteil des Senats vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R – zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Eine solche Vermutung kann nur durch substantiierte Ausführungen erschüttert werden, nach denen die Entscheidung des Krankenhausarztes schon aus damaliger Sicht, also nicht erst im Nachhinein, medizinisch unvertretbar gewesen sein könnte. An derartigen substantiierten Darlegungen der Beklagten fehlt es hier.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

Urteil vom 10.04.2001 (rechtskräftig)

  • Sozialgericht Dortmund S 8 KR 155/99
  • Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 112/00
  • Bundessozialgericht B 3 KR 45/01 R

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.04.2000 geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin ein weiterer Vergütungsanspruch für Krankenhausleistungen (Sonderentgelte) in Höhe von 1.377,38 DM nebst Zinsen zusteht.

Die Klägerin ist Trägerin des St …Hospitals in …, das in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen und Mitglied der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ist. Der bei der Beklagten versicherte E … F … (Versicherter) befand sich vom 25.10. bis 05.11.1998 u.a. wegen instabiler Angina pectoris, koronarer Herzerkrankung und Hypertonie in stationärer Behandlung des St. Josef-Hospitals. Am 28.10.1998 erfolgte bei dem Versicherten eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie und am 02.11.1998 eine koronare Ballon-Dilatation (PTCA).

Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung des Versicherten mit Schreiben vom 15.12.1998 neben dem Abteilungs- und Basispflegesatz für die Linksherzkatheteruntersuchung das Sonderentgelt 21.01 (1.766,68 DM) und für die PTCA das Sonderentgelt 20.02 (6.740,10 DM) in Rechnung. Die Beklagte zahlte neben den Pflegesätzen anstelle der Sonderentgelte 21.01 und 20.02 das Sonderentgelt 21.02 (7.129,50 DM), mithin einen um 1.377,38 DM geminderten Betrag, der der Klageforderung entspricht. Die Beklagte vertrat die Ansicht, werde neben einer oder mehreren Linksherzkatheteruntersuchungen während desselben stationären Aufenthaltes eine oder mehrere Ballon-Dilatation(en) am Herzen durch geführt, komme für die gemeinsame Abrechnung aller Leistungen nur das Sonderentgelt 21.02 zur Anwendung.

Am 08.06.1999 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgebracht: Die Sonderentgelte 21.01 und 20.02 seien nebeneinander abrechenbar. Dies ergebe sich schon aus der Textdefinition der streitigen und der weiteren Sonderentgelte 20.01 sowie 21.02. Gerade das Sonderentgelt 21.02 enthalte den Hinweis “nicht zusätzlich abrechenbar zu den Sonderentgelten 20.02 und 21.01”. Hieraus folge, dass die übrigen Sonderentgelte nebeneinander abrechenbar seien. Außerdem unterscheide die Gruppeneinteilung die sonstigen therapeutischen Maßnahmen für den Blutkreislauf (Gruppe 20) von den diagnostischen Maßnahmen mit Untersuchung der Körpersysteme (Gruppe 21). Im Übrigen habe sich die Notwendigkeit der PTCA erst aufgrund der bei der Linksherzkatheteruntersuchung und Koronarangiographie gewonnenen Erkenntnisse ergeben. Die Behandlung an zwei verschiedenen Terminen sei aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.377,38 DM zuzüglich Verzugszinsen nach Maßgabe von § 15 Abs. 1 Satz 4 des Vertrages i.S.v. § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V seit dem 19.02.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet: Nach den Abrechnungsbestimmungen der Spitzenverbände der Krankenkassen könnten die Sonderentgelte 20.02, 21.01 und 21.02 während eines stationären Krankenhausaufenthaltes mehrfach erbracht, aber nur einmal berechnet werden. Eine Besonderheit des Sonderentgeltes 20.02 bestehe darin, dass Dilatationen mehrerer Gefäße oder Gefäßabschnitte mit diesem Entgelt erfasst seien, unabhängig davon, ob die Dilatation in einer oder mehreren Sitzungen vorgenommen werde. Bei einer während desselben stationären Aufenthaltes durchgeführten Linksherzkatheteruntersuchung komme für die gemeinsame Abrechnung aller Leistungen nur das Sonderentgelt 21.02 zur Anwendung.

Das Sozialgericht Dortmund hat der Klage durch Urteil vom 28.04.2000 stattgegeben. Das Sonderentgelt 21.02 finde nur Anwendung, wenn Katheteruntersuchung und Dilatation während eines Eingriffs durchgeführt würden. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Sonderentgelte 21.02 und 21.01. Dass bei einer kombinierten Erbringung der Leistungen während eines Eingriffs und ebenfalls kombinierter Reintervention eine geringere Vergütung erzielt werde als bei zwei Einzelmaßnahmen in getrennten Eingriffen führe zwar zu einer Bewertungsungereimtheit, die aber wegen der unterschiedlichen Eingriffsvorbereitungen nicht gravierend erscheine.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 25.05.2000 zugestellte Urteil am 16.06.2000 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren und trägt zur Begründung ergänzend vor: Nach der 5. Änderungsverordnung zur Bundespflegesatz-Verordnung sei die Abrechnungsregelung von Fallpauschalen auf Sonderentgelte übertragen worden. Zusätzlich zu einem Sonderentgelt dürfe ein weiteres nur berechnet werden, wenn dies in den Entgeltkatalogen zugelassen sei. Wie bei anderen Entgelten seien auch in den Gruppen 20 und 21 Parallel- und Wiederholungseingriffe während desselben stationären Aufenthaltes in der Mischkalkulation enthalten und deshalb nicht gesondert abrechnungsfähig. Da mit dem Sonderentgelt der “Leistungskomplex eines Behandlungsfalles” vergütet werde, bezögen sich die in der Verordnung aufgeführten Definitionen regelmäßig auf die Hauptleistung. Sämtliche Leistungen, die der Leistungskomplexbeschreibung zuordbar seien, würden folglich durch das Sonderentgelt abgegolten. Dies entspreche auch der in einem Schreiben vom 18.06.1997 niedergelegten Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit, gerichtet an die Universitätskliniken des Saarlandes. Im Übrigen werde durch die Aufteilung der stationären Behandlung in mehrere Sitzungen der Krankenhausaufenthalt wesentlich verlängert. Diagnostik und Therapie seien aus wirtschaftlichen und humanen Gründen in einer Sitzung zu kombinieren, soweit nicht zwingende medizinische Gründe für eine Aufteilung der Behandlung vorlägen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.04.2000 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und entgegnet: Bei dem Versicherten habe bereits zum Aufnahmezeitpunkt ein Zustand nach Bypass-Operation neben einer Niereninsuffizienz, einer erheblichen Adipositas und einer arteriellen Hypertonie bestanden. Nach Durchführung der Diagnostik seien zunächst die alternativen Therapiemöglichkeiten einer erneuten Bypass-Operation oder der Aufweitung durch Ballonkatheter mit dem Versicherten besprochen worden, so dass nicht sofort die Dilatation habe erfolgen können. Außerdem erfordere ein Zustand nach Bypass-Operation bei der Herzkatheteruntersuchung eine größere Menge an Kontrastmittelgabe, die wegen der Niereninsuffizienz durch weitere therapeutische Interventionen nicht zusätzlich habe erhöht werden können. Die Erbringung beider Leistungen während desselben Eingriffs sei des halb medizinisch nicht möglich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Abrechnungsunterlagen der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 28.04.2000 war die Klage abzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Klage nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Urteil des Sozialgerichts Bezug.

Die Klage ist unbegründet, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen (weiteren) Anspruch auf Zahlung von 1.377,38 DM für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 25.10. bis 05.11.1998.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist der Sicherstellungsvertrag zwischen der Krankenhausgesellschaft in Nordrhein-Westfalen und den Verbänden der Krankenkassen gemäß § 112 SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift schließen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam mit der Landeskrankenhausgesellschaft Verträge, um sicherzustellen, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen. Das St …Hospital in …, dessen Trägerin die Klägerin ist, ist gemäß § 108 Nr. 2 SGB V in die Versorgung der Versicherten der Beklagten eingebunden. Gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 1 b SGB V regelt der Sicher stellungsvertrag u.a. die Kostenübernahme und Abrechnung der Entgelte. Der am 01.01.1997 in Kraft getretene Sicherstellungsvertrag sieht in § 6 Abs. 1 die Erteilung einer Kostenzusage vor, die die vertraglichen Beziehungen im Einzelfall dokumentiert.

Die Höhe des Vergütungsanspruchs der Klägerin beurteilt sich nach den Vorschriften der Bundespflegesatz-Verordnung (BPflV) in der hier anzuwendenden Fassung der 5. Verordnung zur Änderung der BPflV vom 09.12.1997 (BGBl. I S. 2874 ff.; in Kraft getreten gemäß Art. 4 Abs. 2 am 01.01.1998). Nach § 1 Abs. 1 BPflV werden die vollstationären Leistungen der Krankenhäuser nach dieser Verordnung vergütet. Was Krankenhausleistungen sind, definiert § 2 BPflV. Die von der Klägerin erbrachten Leistungen gehören unstreitig dazu.

Gemäß § 10 Abs. 1 BPflV werden die allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet durch Pflegesätze nach § 11 (Fallpauschalen und Sonderentgelte), einen Gesamtbetrag nach § 12 (Budget) sowie tagesgleiche Pflegesätze nach § 13. Fallpauschalen vergüten die allgemeinen Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall (§ 11 Abs. 1 BPflV). Mit den Sonderentgelten wird nach §§ 11 Abs. 2, 14 Abs. 3 BPflV ein Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen für einen in den Entgeltkatalogen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 oder § 16 Abs. 2 BPflV bestimmten Leistungskomplex eines Behandlungsfalles vergütet. Sie umfassen insbesondere die Kostenarten nach Nr. 1 – 4 und 14 in Blatt 1 der Leistungs- und Kalkulationsaufstellung (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BPflV) und werden zusätzlich zu dem Abteilungs- und dem Basispflegesatz berechnet.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 BPflV vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 17 die bundesweit geltenden Entgeltkataloge für Fallpauschalen und Sonderentgelte nach § 17 Abs. 2 a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und deren Weiterentwicklung einschließlich der Abrechnungsbestimmungen. Bei der Vereinbarung der Entgeltkataloge bestimmen die Vertragsparteien nach § 15 Abs. 3 BPflV die mit Fallpauschalen und Sonderentgelten zu vergütenden Leistungen sowie bundeseinheitliche Bewertungsrelationen, wobei die Sonderentgelte nach der Abgrenzung des § 11 Abs. 2 zu bestimmen sind. Soweit zur Leistungsabgrenzung Diagnose- oder Operationsschlüssel verwendet werden, sind die in § 301 Abs. 2 SGB V bestimmten Klassifikationen in der jeweils vom Bundesministerium für Gesundheit in Kraft gesetzten Fassung zu verwenden.

Zwar haben die Vertragsparteien eine Fachgruppe für pflegesatz rechtliche Zweifelsfragen eingerichtet, die anstrebt, bei strittigen Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der Abrechnung nach der Bundespflegesatz-Verordnung einvernehmliche Empfehlungen zu erarbeiten. Seit Anfang 1998 wurden jedoch bisher nur Empfehlungen vereinbart, die nicht die hier streitige Auslegungsfrage betreffen (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatz-Verordnung, Kommentar Bd. I, Stand: Dezember 2000 S. 653 ff.). Auf Länderebene haben sich nur die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft und die Verbände der Krankenkassen im Lande für Baden-Württemberg auf eine “gemeinsame Absprache III” über weitere (ab 2000 geltende) Abrechnungsregeln verständigt (Dietz, S. 622), die auch Regeln zur hier streitigen Abrechnungskonstellation enthält (Dietz, S. 651).

Mangels weiterer vertraglicher Konkretisierung auf Bundes- oder Landesebene sind deshalb für den Vergütungsanspruch der Klägerin gemäß Nr. 21 der Anlage 2 zu § 11 Abs. 2 BPflV die Abrechnungs-Bestimmungen des bundesweiten Sonderentgelt-Kataloges nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 BPflV anzuwenden. Danach gelten u.a. folgende Abrechnungs-Bestimmungen (BGBl. 1997 Teil I S. 2879):
“1. Sonderentgelte werden für die im Entgeltkatalog bestimmten Leistungskomplexe berechnet.
2. Maßgeblich für die Zuordnung eines Patienten zu einem Sonderentgelt und damit für die Abrechenbarkeit des Entgelts ist der im Entgelt-Katalog ausgewiesene Leistungskomplex.
Dabei gilt folgende Rangfolge der Definitionen: a) der Operationenschlüssel nach dem OPS 301 (Spalte 4); b) der Diagnosenschlüssel nach der ICD (Spalte 3), soweit ein solcher vorgegeben ist, um Sonderentgelte voneinander abzugrenzen, für die in Spalte 4 dieselbe operative Leistung ausgewiesen ist; c) die Textdefinition (Spalte 2); sie ist maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Sonderentgelte mit den Schlüsseln nach den Spalten 4 und 3 nicht dargestellt werden kann und somit nur aus der Textfassung hervorgeht.”

In Anhang 3 der BPflV sieht der Katalog bei Versorgung in Hauptabteilungen Sonderentgelte wie folgt vor:
Das Sonderentgelt 20.02 (II sonstige therapeutische Maßnahmen, Gruppe 20: Maßnahmen für den Blutkreislauf) betrifft nach OPS-301 (Spalte 4) die Leistung 8-837.0. Textlich erfaßt sie folgende Definition:
“Dilatation eines oder mehrerer koronarer Gefäße (PTCA):
Perkutane transluminale Dilatation und Rekanalisation von Koronararterien, einschließlich der Kontrastmittel einbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs bei Ein- und Mehr-Gefäßerkrankungen, ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, einschließlich erforderlicher Kontrollangiographien und Reinterventionen.”

Das Sonderentgelt 21.01 (III Diagnostische Maßnahmen, Gruppe 21: Untersuchungen der Körpersysteme) betrifft nach OPS-301 die Leistung 1-275.0 bis 2 und wird wie folgt definiert: “Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie, ggf. mit Anlage eines temporären Schrittmachers, ein schließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs, ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, soweit nicht während des gleichen Eingriffs eine Dilatation durchgeführt wird.”

Das Sonderentgelt 21.02 betrifft nach OPS-301 die Leistung 1-275.0 bis 2 kombiniert mit 8-837.0 und erfaßt textlich die Definition: “Linksherzkatheteruntersuchung bei Ein- und Mehrgefäßerkrankungen mit Koronarangiographie und Dilatation eines oder mehrerer koronarer Gefäße (PTCA), ggf. mit Anlage eines temporären Schrittmachers, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs, ggf. auch mehrfach während des stationären Aufenthaltes, nicht zusätzlich abrechenbar zu den Sonderentgelten 20.02. und 21.01.”

Ausgehend von der in Anlage 2 zu § 11 Abs. 2 BPflV vorgegebenen Rangfolge der Definitionen für die Zuordnung eines Patienten/ Leistungskomplexes zu einem Sonderentgelt und dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 BPflV, wonach Sonderentgelte einen bestimmten Leistungskomplex eines Behandlungsfalles vergüten, kann auch bei einer Linksherzuntersuchung und anschließender PTCA in getrennten Eingriffen, aber während eines stationären Aufenthaltes nur das Sonderentgelt 21.02 abgerechnet werden.

Nach der Rangfolge der Definitionen ist zunächst der OPS-301 maßgebend. Dabei kombiniert das Sonderentgelt 21.02 nach dem Operationenschlüssel die Leistungen 1-275.0 bis 2 (Linksherzkatheter) mit 8-837.0 (Dilatation der Herzkranzgefäße), die sonst als Einzelleistungen in den Sonderentgelten 20.02 und 21.01 genannt sind. Hierbei unterscheidet der OPS nicht danach, ob die Einzelleistungen gleich- oder mehrzeitig oder ob sie einmal oder mehrfach erbracht werden. Auch zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass bei Reinterventionen, also mehrfacher Erbringung der Einzelleistungen das jeweilige Sonderentgelt nur einmal abgerechnet werden kann. Warum dies nach Auffassung der Klägerin bei der mehrzeitigen Erbringung von Teilen einer kombinierten Leistung anders sein soll, läßt sich jedenfalls der vorrangigen Definition nach dem OPS nicht entnehmen. Sie stellt nur auf die Kombination, nicht auf die zeitliche Reihenfolge ab.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass mit den Sonderentgelten einzelne Leistungskomplexe eines Behandlungsfalles vergütet werden. Der Behandlungsfall ist demnach in seiner Gesamtheit, wie er sich bei seinem Abschluss darstellt, zu betrachten. Dies gilt jedenfalls, soweit ein einheitliches Krankheitsgeschehen -wie hier die Herzerkrankung des Versicherten – gegeben ist. Ein Behandlungsfall, der -wie vorliegend- eine Linksherzkatheteruntersuchung als diagnostische Maßnahme und eine Dilatation als therapeutische Maßnahme erforderlich macht, wird durch diese zwei Maßnahmen nicht zu zwei Behandlungsfällen, sondern bleibt einer. Schon der Wortlaut der Begriffe “Leistungskomplexe” und “Behandlungsfall”sowie die Einbeziehung von Reinterventionen innerhalb eines Sonderentgeltes verdeutlichen, dass durch die Abrechnungsvorschriften eine Aufsplittung in Einzelleistungen eines Behandlungsfalles gerade vermieden werden sollte.

Auch die Textdefinitionen der Sonderentgelte 20.02, 21.01 und 21.02 lassen keinen anderen Schluss zu. Zunächst sind sie nur maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Sonderentgelte mit den OPS- oder Diagnoseschlüsseln nicht dargestellt werden kann und nur aus der Textdefinition hervorgeht. Schon hieran bestehen Zweifel, weil die Darstellung nach dem OPS eindeutig ist. Im Übrigen verdeutlichen die Textfassungen aber ebenfalls, dass die Leistungskomplexe den Ansatz der Maßnahme innerhalb eines Behandlungsfalles nur einmal erfassen, selbst wenn sie mehrfach während des stationären Aufenthaltes erfolgen oder sogar Kontrollangiographien und Reinterventionen, also weitere Eingriffe erforderlich machen (20.02). Darüber hinaus bestimmt das Sonderentgelt 21.02 ausdrücklich, dass dieses Entgelt selbst bei mehrfacher Erbringung nicht zusätzlich zu den Sonderentgelten nach 20.02 und 21.01 abrechenbar ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich aus der Unterscheidung der Gruppen “sonstige therapeutische Maßnahmen” und “diagnostische Maßnahmen” sowie der getrennten Aufführung der Leistungen keine Rückschlüsse ziehen. Denn das Sonderentgelt 21.02 ist unter den diagnostischen Maßnahmen eingeordnet, obwohl es mit der Einbeziehung einer Dilatation oder Anlage eines Schrittmachers eindeutig auch therapeutische Maßnahmen enthält. Die getrennten Leistungsdefinitionen sind zudem erforderlich, weil es auch Behandlungsfälle gibt, in denen nur eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie oder nur eine Dilatation durch geführt wird.

Auch sonst ergibt der Wortlaut der Sonderentgelt-Textdefinitionen, dass der “Eingriff” den jeweils gesamten Leistungskomplex erfasst, unabhängig davon, ob er mehrfach oder mehrzeitig erbracht wird. Demzufolge handelt es sich bei dem Leistungskomplex Linksherzkatheteruntersuchung und Dilatation um einen Eingriff i.S.d. Sonderentgeltnummer 21.02 während eines Behandlungsfalles, unabhängig davon, in welcher zeitlichen Reihenfolge die Einzelleistungen erbracht werden. Diese Auffassung wird gestützt durch das von der Beklagten vorgelegte Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 18.06.1997, wonach sich die aufgeführten Definitionen regelmäßig auf die Hauptleistung beziehen, innerhalb derer eine Bandbreite an Leistungen berücksichtigt werden, die bei üblicherweise auftretenden Fallgestaltungen im Zusammenhang mit der definierten Hauptleistung erbracht werden und nicht danach differenziert wird, ob die Leistungen während eines oder mehrerer Eingriffe erbracht werden. Auch in der Kommentierung (Strehlau/Schwoll: Handbuch zur Abrechnung von Krankenhausleistungen, Ausgabe Dezember 1999, Teil III: Abrechnung von Sonderentgelten/2 zu SE 21.02) wird davon ausgegangen, dass sich in der Neuformulierung der Leistungsumfang des Sonderentgelts 21.02 dem einer Fallpauschale insofern nähert, als alle mit dem Ersteingriff in Zuammenhang stehenden Interventionen über das Sondergentgelt abgegolten werden sollen. Höhere Kosten wurden danach bei der Kalkulation des Entgeltes im Fallmix berücksichtigt. Dass Links- herzkatheteruntersuchungen während desselben stationären Aufenthaltes vor der Ballon-Dilatation nicht gesondert, sondern nur als Kombinationsentgelt über 21.02 abgerechnet werden können (Strehlau/Schwoll zu SE 21.02), sieht ebenso die gemeinsame Absprache III für Baden-Württemberg vor (Dietz/Bofinger, S. 651).

Letztlich zeigt auch ein Vergleich mit der zuvor geltenden Fassung der BPflV (4. Verordnung der BPflV vom 17.04.1996 -BGBl. I S. 619- und der insoweit gemäß Art. 1 Nr. 4, Art. 2 der 3. Verordnung zur Änderung der BPflV vom 18.12.1995 -BGBl. I S. 2006- geltende und in Anhang 2 zu Art. 1 Nr. 11 abgedruckte Sonderentgelt-Katalog), dass nur das Kombinationsentgelt abgerechnet werden kann. Denn bei einem Vergleich sind in der Neufassung die Bewertungsrelationen für die Sonderentgelte unverändert geblieben. Dies spricht dafür, dass bei der Neufassung der Textdefinitionen lediglich redaktionelle und klarstellende Änderungen, aber keine Ausweitung der Abrechnungsmöglichkeiten vorgenommen werden sollten. Hiervon ist auch der Verordnungsgeber ausgegangen (Bundesrat-Drucksache 802/97 Seite 54).

Die Textfassung des Sonderentgeltes 21.02 lautete: “Linksherzkatheteruntersuchung bei Ein- oder Mehr-Gefäß-erkrankungen mit Koronarangiographie und Dilatation, ggf. mit Anlage eines temporären Schrittmachers, einschließlich der Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen während des Eingriffs”.

Dies zeigt, dass sich das Wort “Eingriff” ausschließlich auf die Kontrastmitteleinbringung und Durchleuchtungen bezieht und nur klarstellt, dass auch diese Leistungen von dem Sonderentgelt mit umfasst sind. Gleiches gilt für die Textfassung der Sonderentgelte 20.02 und 21.01. Hieraus kann wegen der unverändert gebliebenen Bewertungsrelationen nur geschlossen werden, dass in der 5. ÄnderungsVO mit der Textergänzung des Sonderentgeltes 21.01 im letzten Halbsatz ” … ggf. auch mehrfach während des stationären
Aufenthaltes, soweit nicht während des gleichen Eingriffs eine Dilatation durchgeführt wird”,
nur eine Klarstellung erfolgt ist. Und zwar dahingehend, dass bei einer kombinierten (auch zeitlich getrennten) Erbringung von Linksherzkatheteruntersuchung und Dilatation gerade nicht die Entgelte 21.01 und 20.02 nebeneinander abgerechnet werden können,sondern nur das Kombinationsentgelt 21.02 anfällt.

Mangels Hauptanspruch entfällt auch der Anspruch auf Zinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG.

Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr.1 SGG) zugelassen.