Hessisches Landessozialgericht L 1 KR 305/02

Hessisches Landessozialgericht

Urteil vom 31.07.2003 (nicht rechtskräftig)

  • Sozialgericht Kassel S 12 KR 997/00
  • Hessisches Landessozialgericht L 1 KR 305/02
  • Bundessozialgericht B 3 KR 18/03 R

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 20. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage auf Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. April 2003 wird abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt des Versicherten F. St. im Zentrum für Soziale Psychiatrie K., B., vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998.

Der 1944 geborene Versicherte ist als Rentner Mitglied bei der Beklagten. Er wurde wegen einer schweren paranoid-halluzinatorischen Psychose am 28. Dezember 1997 in dem Psychiatrischen Krankenhaus M. E. (PKH, nunmehr Zentrum für Soziale Psychiatrie K., B.) aufgenommen. Der Kläger ist Träger dieses psychiatrischen Krankenhauses und Mitglied der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V … Die Beklagte erteilte zunächst eine Kostenzusage bis zum 13. März 1998 und aufgrund eines Verlängerungsantrages des PKH vom 4. März 1998 sodann eine weitere Kostenzusage bis zum 9. April 1998. Am 14. April 1998 stellte der Kläger einen weiteren Verlängerungsantrag, aufgrund dessen die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) einschaltete. Der MDK ließ ein psychiatrisches Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychoanalyse und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. erstellen, der am 6. Mai 1998 eine Krankenhausbegehung durchführte, die Behandlungsproblematik mit der behandelnden Stationsärztin diskutierte, die Krankenblattunterlagen einsah sowie den Versicherten untersuchte. Aus psychiatrischer Sicht erkannte der MDK aufgrund des Gutachtens die stationäre Behandlungsbedürftigkeit über den 9. April 1998 bis zum 30. Juni 1998 als erforderlich an. Danach dürfte der Kläger ausreichend stabilisiert sein für eine Heimunterbringung bzw. für eine Unterbringung im Chronisch-Psychiatrischen-Krankheitsbereich (CPK-Bereich) als Pflegefall. Den erneuten Verlängerungsantrag des Klägers vom 13. Juli 1998 (Eingang bei der Beklagten am 15. Juli 1998) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 11. August 1998 nach Einholung einer Stellungnahme des MDK nach Aktenlage mit der Begründung ab, an der Einschätzung des Dr. B. habe sich zwischenzeitlich nichts geändert, die aktuelle Information aus dem PKH sei nicht geeignet, eine andere Einschätzung herbeizuführen. Aufgrund einer Stellungnahme der Beklagten vom 3. November 1998 schaltete die Beklagte wiederum den MDK ein, der wiederum eine Begutachtung durch Dr. B. veranlasste. Dr. B. stellte nach einer erneuten Krankenhausbegehung am 8. Dezember 1998 in seinem Gutachten vom 21. Dezember 1998 fest, aus ärztlich-psychiatrischer Sicht könne über den 30. Juni 1998 hinaus bis zum 29. Oktober 1998 keine stationäre, psychiatrische Behandlungsindikation für den Versicherten gesehen werden; ab dem 30. Oktober 1998 könne die stationäre Behandlungsbedürftigkeit für die spezifischen Maßnahmen aufgrund der Medikamentenumstellung wiederum als adäquat betrachtet werden. Diese dürfte bis zum 31. Dezember 1998 fortdauern. Ab 1. Januar 1999 müsste der Versicherte wieder als Pflegefall vom Krankenhaus geführt werden. Tatsächlich befand sich der Versicherte sodann bis zum 1. September 1999 in dem PKH als Akutpatient, wobei die Beklagte die Kosten bis auf den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 28. Februar 1999 übernahm.

Der Kläger hat am 14. Juli 2000 Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben und die Kosten für die bisher von der Beklagten nicht übernommenen Zwischenräume vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998 sowie vom 1. Januar 1999 bis zum 28. Februar 1999 geltend gemacht. Das Sozialgericht hat zur Frage der Behandlungsnotwendigkeit ein nervenärztliches Gutachten von dem Arzt für Neurologie-Psychiatrie-Psychotherapie Dr. U. vom 13. März 2001 eingeholt. Der Sachverständige hat im Ergebnis festgestellt, dass in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998 eine untervollstationäre Behandlung z.B. in einer heilpädagogischen Einrichtung oder einer entsprechenden Langzeitstation des Krankenhauses M. ausreichend gewesen sei. Für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 28. Februar 1999 ist nach Auffassung des Sachverständigen indes vollstationäre Behandlungsnotwendigkeit im PKH M. gegeben gewesen.

Aufgrund dieses Gutachtens hat die Beklagte die Kostenübernahme für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 28. Februar 1999 anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis ist von dem Kläger im Klageverfahren angenommen worden.

Hinsichtlich des weiteren streitigen Zeitraumes vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998 hat das Sozialgericht nochmals eine ergänzende nervenärztliche Stellungnahme von Dr. U. eingeholt und mit Urteil vom 20. Februar 2002 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Gutachten von Dr. U. stehe für das Gericht fest, dass in dem allein noch streitigen Zeitraum vollstationäre Behandlungsnotwendigkeit nicht mehr vorgelegen habe. Aus den Krankenunterlagen des Versicherten ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Auffassung. Auch die Tatsache, dass die weitere Unterbringung des Versicherten auf einer geschlossenen Abteilung des PKH M. durch das Amtsgericht Wolfhagen mit Beschluss vom 29. Juni 1998 bis zum 29. Dezember 1998 vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden sei, ändere nichts daran, dass der Versicherte in dem streitigen Zeitraum nicht als Akutpatient hätte behandelt werden müssen. Die Unterbringung begründe im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht vollstationäre Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit. Das Gleiche gelte hinsichtlich der erfolgten Medikation mit Leponex. Dafür, dass allein diese die streitige vollstationäre Behandlung notwendig gemacht haben könnte, ergäben sich weder aus der Krankengeschichte Anhaltspunkte noch werde dies von dem Kläger selbst geltend gemacht.

Gegen das ihm am 8. März 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. März 2002 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und die Übernahme der Kosten der vollstationären Behandlung des Versicherten im Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998 weiterverfolgt. Zur Begründung hat der Kläger sich auf den Unterbringungsbeschluss des Amtsgerichts Wolfhagen gestützt und weiter vorgetragen, eine heilpädagogische Einrichtung komme deshalb nicht in Betracht, da dort ausschließlich geistig und körperlich behinderte Menschen betreut würden und der Versicherte dort keinesfalls aufgenommen würde bzw. seine Aufnahme zu einer sofortigen Dekompensation führen würde. Der weitere Vorschlag des Dr. U., den Versicherten in dem streitigen Zeitraum auf einer Langzeitstation des PKH M. unterzubringen sei deshalb nicht möglich gewesen, da Mitte der 90er Jahre praktisch alle Langzeitbereiche in den Kliniken der Regelversorgung aufgelöst worden seien, nachdem man schon Jahre zuvor erkannt habe, dass diese den Betroffenen durch Regression und Hospitalisierung mehr schadeten als nutzten.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 20. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger als Krankenhausträger die Kosten des vollstationären Krankenhausaufenthalts des Versicherten F. St. auch für den Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998 sowie Zinsen in Höhe von 2 % über den jeweiligen Basiszinssatz ab dem 22. April 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil habe auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. U. zutreffend entschieden.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten (Bd. I und Bd. II) die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Krankenunterlagen des Versicherten verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 151 Abs. 1, 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Sozialgericht Kassel hat mit Urteil vom 20. Februar 2002 die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Kosten für die stationäre Behandlung des Versicherten F. St. für den Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998.

Die Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig; denn es geht um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R -, Urteil vom 11. April 2002 – B 3 KR 24/01 R – sowie Urteil vom 21. August 1996 – 3 RK 2/96 -).

Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruchs für eine stationäre Weiterbehandlung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) i.V.m. den zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Sicherstellungsverträgen auf der Grundlage des § 112 Abs. 2 SGB V. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen entsteht dann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 13. Dezember 2001, vom 11. April 2002 sowie vom 21. August 1996, jeweils a.a.O.) unabhängig von einer Kostenzusage der Krankenkasse unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der Krankenkasse ist bei einem zugelassenen Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, die normativ festgelegten Entgelte zu zahlen, sofern die Versorgung im Krankenhaus im Sinne des § 27 Abs.1 Satz 2 Nr. 5 SGB V i.V.m. § 39 Abs. 1 SGB V erforderlich ist.

Einen Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich der Aufnahme und Entlassung der Versicherten, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen im Sinne von § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V gab es in Hessen für den hier streitigen Zeitraum nicht. Die Hessische Krankenhausgesellschaft und die Landesverbände der Krankenkassen haben indes mit Datum vom 1. August 1990 einen (bisher nicht gekündigten) Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V geschlossen. Dieser Vertrag, der das Verfahren der Überprüfung der Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit regelt, ist für die Krankenkassen und die zugelassenen Krankenhäuser im Land Hessen unmittelbar verbindlich (§ 112 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Nach der Rechtsprechung des BSG hat die Verbindlichkeit solcher Rahmenverträge nach § 112 Abs. 2 SGB V beim Fehlen einer Kostenübernahmeerklärung in Bezug auf eine bestimmte Behandlungszeit Auswirkungen auf die Beweislast. Das Krankenhaus bzw. der Träger des Krankenhauses muss entsprechend dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht beansprucht, die entsprechenden Voraussetzungen beweisen muss, das Vorliegen weiterer Behandlungsbedürftigkeit nur dann nachweisen, wenn die Beklagte das Verfahren eingehalten hat, das in den nach § 112 Abs. 2 SGB V abgeschlossenen Rahmenverträgen hierfür vereinbart worden ist oder wenn das Krankenhaus durch sein Verhalten die Durchführung des vereinbarten Verfahrens unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert hat (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall haben die Beteiligten das in dem Hessischen Sicherstellungsvertrag vom 1. August 1990 vereinbarte Verfahren eingehalten. Insbesondere ist die Begutachtung durch den MDK jeweils nach einer Krankenhausbegehung (und zwar am 6. Mai 1998 sowie am 8. Dezember 1998) durch den Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychoanalyse Dr. B. im Zusammenwirken mit den Krankenhausärzten und nach einer Untersuchung des Versicherten erfolgt, wie es § 2 Abs. 2 Satz 2 des betreffenden Sicherstellungsvertrages in der Regel vorsieht. Das bedeutet, dass der Kläger vorliegend die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 SGB V, d.h. der Notwendigkeit der vollstationären Weiterbehandlung des Versicherten im streitigen Zeitraum trägt.

Nach Auffassung des Senats ist das Sozialgericht Kassel in der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. U. zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen des § 39 SGB V in dem Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis zum 29. Oktober 1998 nicht vorgelegen haben. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet zunächst der Krankenhausarzt. Eine Zahlungspflicht der Krankenkassen für die stationäre Versorgung eines Versicherten entfällt dann, wenn sich die Entscheidung des Krankenhausarztes nach seinen jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt seiner Entscheidung über die Aufnahme oder Weiterbehandlung (“ex ante”) als nicht vertretbar herausstellt (BSG, Urteile vom 21. August 1996 und vom 13. Dezember 2001, jeweils a.a.O.; Urteil des Senats vom 26. Mai 2003 – L 1 KR 1527/99 -). Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit im Sinne des § 39 SGB V ist dabei zu verneinen, wenn nicht medizinische Gründe, sondern vielmehr Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit, Verwahrungsgesichtspunkte oder sonstige soziale Gründe die Krankenhausbehandlung entscheidend bestimmen und die Behandlung der Krankheit mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses nicht erforderlich und eine planvolle ärztliche Behandlung nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 11. August 1983, SozR 2200 § 184 Nr. 22). Eine Unterbringung lediglich zur Verwahrung ist keine Krankenhausbehandlung (BSG, Urteil vom 12. November 1985, SozR 2200 § 184 Nr. 28). Die Unterbringung in einem Krankenhaus allein oder die Schwierigkeit einer Unterbringung in einem geeigneten Pflegeheim zu erreichen, erfüllt die Voraussetzung des § 39 ebenso nicht (BSGE 49, 216). Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit ist zudem dann nicht gegeben, wenn der regelwidrige Körper- und Geisteszustand des Betroffenen einer Behandlung nicht mehr zugänglich ist und durch die Krankenhausbehandlung nicht geheilt oder gebessert, Schmerzen nicht gelindert und eine drohende Verschlimmerung nicht verhütet werden kann; in einem solchen Fall liegt keine Krankheit im Sinne des § 27 SGB V vor. Gerade bei einer psychiatrischen Dauererkrankung wie im vorliegenden Fall kann die Vermutung begründet sein, dass Heilungs- und Besserungsaussichten nicht mehr bestehen; zur Widerlegung dieser Vermutung bedarf es dann der konkreten Feststellung, inwiefern eine Besserung gleichwohl wahrscheinlich ist (BSGE 59, 116).

Für die Vermutung, dass im streitigen Zeitraum akute Behandlungsbedürftigkeit bzw. -fähigkeit nicht mehr gegeben war, sprechen die Ausführungen von Dr. U. in seinem Gutachten vom 13. März 2001 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Oktober 2001. Der Sachverständige hat sich auf die auch dem Senat vorliegenden Krankenunterlagen gestützt und zu Recht darauf hingewiesen, bei dem schwerkranken schizophrenen Versicherten sei im Vergleich zu den Vorbefunden im streitigen Zeitraum eine wesentliche Änderung nicht eingetreten bzw. der Zustand des Versicherten habe sich trotz noch vorhandener psychotischer Symptome konsolidiert. Unter Hinweis auf die Tagesvermerke in der Krankengeschichte sowie auf die Verlaufsberichte über die Behandlungsmaßnahmen hat Dr. U. für den Senat überzeugend festgestellt, dass nach zweijähriger Behandlungsdauer bei dem zweifelsfrei noch psychotischen Patienten keine vollstationäre Behandlungsnotwendigkeit mehr bestand, zumal die Behandler selbst eine Stabilisierung bzw. einen unveränderten psychiatrischen Zustand im streitigen Zeitraum festgestellt haben. Auch aus der vorausschauenden Sicht der behandelnden Ärzte ist damit eine Weiterbehandlung aus medizinischen Gründen nicht vertretbar gewesen. Zudem ist den behandelnden Ärzten nach der Krankenhausbegehung und der Diskussion des Falles mit Dr. B. bekannt gewesen, dass nach dem 30. Juni 1998 bei Stabilisierung des Versicherten von Seiten des MDK/Dr. B. die Unterbringung im CPK-Bereich bzw. einem Heim als ausreichend angesehen wurde. Die Krankengeschichte enthält auch den handschriftlichen Vermerk “6 Wochen/bis 29.06.98! AOK! CPK-Bereich?”. Eine Dokumentation, warum der Versicherte trotz Stabilisierung und unverändertem Zustand dennoch als Akutpatient des PKH weiterbehandelt worden ist bzw. Feststellungen darüber, warum eine Behandlung nicht auch außerhalb des Krankenhauses in einer Anstalt bzw. einem Pflegeheim durchgeführt werden konnte, in dem die ärztliche Behandlung nur noch einen die Unterbringung begleitenden Charakter (sei es auf sonstige ambulante Weise) gehabt hätte, fehlen demgegenüber in den Krankenunterlagen.

Zu Recht hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil auch darauf hingewiesen, dass an dem Ergebnis (keine Krankenhauspflegebedürftigkeit) der für den streitigen Zeitraum bestehende Betreuungsbeschluss vom 29. Juni 1998 nichts ändert. Die Feststellung der Notwendigkeit der Unterbringung zur Heilbehandlung in einem solchen Beschluss nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entheben die Ärzte nicht von ihrer Verantwortung die Erforderlichkeit der Unterbringung zu prüfen und ggf. auf eine Beendigung der Unterbringung hinzuwirken (vgl. auch § 1906 Abs. 3 BGB) und hindern die Krankenkasse (bzw. das Gericht) nicht daran, eine selbständige Entscheidung über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zu treffen. Ebenso muss die Krankenkasse in dem umgekehrten Fall, d.h. bei einer Unterbringung im Krankenhaus allein aus sicherheitspolizeilichen Gründen, prüfen, ob Krankenhauspflege notwendig und von ihr zu gewähren ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 1970 – 3 RK 45/69 -).

Da der von dem Kläger geltend gemachte Hauptantrag unbegründet ist, kann auch die von dem Kläger im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 22. Juli 2003) geltend gemachte Nebenforderung auf Verzinsung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 in der Fassung durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 mit Wirkung vom 2. Januar 2002, da die Berufung nach Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes eingelegt worden ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 8. Juli 2002 – B 3 P 3/02 R -). Gebühren nach § 197 a waren vorliegend nicht zu erheben. Anstelle von § 197 a SGG gilt § 183 SGG in der bisherigen Fassung, wenn das von § 197 a erfasste Verfahren wie hier vor dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden ist. Das Verfahren ist dann in allen Rechtsmittelzügen kostenfrei (vgl. die Übergangsregelung nach Art. 17 des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 197 a Rdnr. 1).

Der Senat hat die Revision zugelassen, da der Frage, inwieweit ein Betreuungsbeschluss nach § 1906 BGB Auswirkungen auf die Prüfung der Voraussetzungen des § 39 SGB V hat, grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).