Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 24 KA 25/17

 

Kernpunkte:

  • Wenn ein Krankenhaus eine Notfallbehandlung durchführt und der Patient anschließend stationär aufgenommen wird, ist die Notfallbehandlung nicht gesondert abrechenbar.
  • In der gleichen Situation ist die Notfallbehandlung jedoch abrechenbar, wenn der Patient in ein anderes Krankenhaus aufgenommen wird.

 

 

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 23.03.2018 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Potsdam S 1 KA 137/14
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 24 KA 25/17
Bundessozialgericht B 6 KA 6/18 R

Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Februar 2017 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2014 sowie des Bescheides vom 14. Juli 2016 verpflichtet, über das Honorar der Klägerin für das IV. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung von Leistungen der in ihrem Krankenhaus betriebenen Notfallambulanz im Quartal 2011/IV. Die Klägerin betreibt die S Klinik L. Dieser war im streitgegenständlichen Zeitraum eine Notfallambulanz angegliedert. Die Beklagte führt diese unter der Arztnummer (BSNR-Nr.) 807410800 in der Arztgruppe “Notfalldienst”. Die Notfallambulanz rechnete im Quartal 2011/IV unter anderem 20 ambulante Notfallbehandlungen von Patienten ab, die bei den beigeladenen Krankenkassen versichert waren bzw. sind. In allen Fällen erfolgte an die Bemühungen der Rettungsstelle anschließend eine stationäre Behandlung in anderen Krankenhäusern. Auf die von der Klägerin hierzu eingereichten Kopien der Behandlungsberichte (Patientenakten) wird ergänzend verwiesen.

Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 26. April 2012 das Honorar für das Quartal 2011/IV auf 47.939,52 Euro fest. Bestandteil des Bescheids war eine Liste P 123 “sachlich-rechnerische Richtigstellungen nach § 45 BMV-Ä und § 34 Abs. 4 EKV”. Darin nahm die Beklagte unter anderem in diesen 20 Fällen unter Angabe des Begründungskürzel “MF 9001 20” Abzüge vor. Zu diesem Kürzel heißt es im Bescheid:

“Eine Vergütung von ambulant durchgeführten Notfallbehandlungen für oder in Rettungsstellen, in Krankenhäusern oder DRK ist nur dann gegeben, wenn sich der Patient anschließend nicht in stationärer Behandlung begeben muss. Erfolgt eine stationäre Aufnahme in das gleiche oder ein anderes Krankenhaus, so sind alle Behandlungen mit dem Pflegesatz abgegolten, ggf. sind diese dem aufnehmenden Krankenhaus in Rechnung zu stellen.”

Die Klägerin erhob hiergegen am 29. Mai 2012 Widerspruch.

Die Beklagte wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2014 zurück (Zustellung: 4. Oktober 2014). In den 20 Fällen sei jeweils die Symbolnummer SNR 99200 (“Kennzeichnung von Behandlungsfällen (BHF) in Rettungsstellen, bei denen eine stationäre Verlegung in ein anderes Krankenhaus erfolgt”) zum Ansatz gebracht worden. Zur Begründung führte sie aus, Rechtsgrundlage für die vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung seien §§ 45 Abs. 2 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Ersatzkassenvertrag (EKV). Die 20 Behandlungsfälle seien zu Recht ausgeschlossen worden, da insoweit § 76 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht einschlägig gewesen sei. Es komme darauf an, wie die Leistungen der ambulanten Versorgung von denen der stationären abzugrenzen seien. Die Beklagte folge insoweit dem hiesigen Senat in dessen Entscheidung vom 12. März 2010 (L 24 KA 1017/05), wonach maßgeblich sei, ob sich an eine Notfallbehandlung in einem Krankenhaus eine stationäre Behandlung anschließe. Immer dann, wenn auf eine Notfallbehandlung eine stationäre Aufnahme erfolge, liege einheitlich eine stationäre Behandlung vor. Es mache keinen Unterschied, ob die weiterführende Behandlung im selben oder in einem anderen Krankenhaus stattfinde. Dadurch wechsle zwar in der Regel der Leistungserbringer, auf den Charakter der Behandlung als ambulante oder stationäre habe dies aber keine Auswirkungen.

Hiergegen hat die Klägerin am 24. Oktober 2014 Klage beim Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten gehe die geleistete ambulante Notfallbehandlung nicht in der darauffolgenden stationären Behandlung auf. Der niedergelassene Vertragsarzt erhalte auch dann eine Vergütung für seine Notfallbehandlung, wenn sich hieran eine stationäre Krankenhausbehandlung des Patienten anschließe. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Rechtsauffassung der Beklagten. Der hiesige Senat habe in seinem Urteil vom 12. März 2010 verkannt, dass das BSG im Urteil vom 4. März 2004 (B 3 KR 4/03) nicht darauf abgestellt habe, ob der Patient die Nacht vor und nach dem Eingriff in irgendeinem Krankenhaus verbracht habe, sondern in dem Krankenhaus, das die Vergütung begehre. Die Abgrenzung zwischen den Versorgungsbereichen sei nach der Gesamtsystematik des Gesetzes, insbesondere §§ 39 Abs. 1, 115 a SGB V, §§ 3 und 4 Krankenhausbehandlungs-Richtlinien – alleine daran zu messen, ob die Behandlung mit den Mitteln des Krankenhauses erforderlich sei. Dies sei zum Zeitpunkt der ambulanten Behandlungen bei den hier betreffenden Patienten nicht der Fall gewesen. Die Beklagte hat ihr außergerichtliches Vorbringen wiederholt. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie das Urteil des hiesigen Senats vom 12. März 2010, wonach stets eine einheitliche stationäre Behandlung vorliege, wenn auf eine Notfallbehandlung eine stationäre Aufnahme folge, zutreffend berücksichtigt. Sie sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Interesse aller an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Ärzte verpflichtet, nur solche Leistungen zu vergüten, die der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zuzuordnen seien. Dies treffe auf die Behandlung in der Rettungsstelle gerade nicht zu. Es habe sich bei den hier streitgegenständlichen Behandlungsfällen um Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V in einem zugelassenen Krankenhaus gehandelt. Die medizinische Beurteilung, ob stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich sei, sei keine ambulante Notfallbehandlung, sondern gehöre zur stationären Behandlung selbst, wenn der Patient im unmittelbaren Anschluss in ein Krankenhaus aufgenommen werde. Nach § 4 Satz 1 Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung -§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V- für das Land Brandenburg (Landesvertrag) würden bei der Aufnahme des Patienten von einem Krankenhausarzt die Notwendigkeit und die Art der Krankenhausbehandlung geklärt. Gemäß § 4 Satz 1 Landesvertrag sei die Aufnahmeuntersuchung ausdrücklich Bestandteil der Krankenhausleistung und der vereinbarten Entgelte. Die Vertragspartner des Landesvertrages seien sich ausweislich der Protokollnotiz zum Vertrag einig darüber gewesen, dass die Aufnahmeuntersuchung die erste unmittelbare Untersuchung des Patienten durch den Krankenhausarzt darstelle. Erstuntersuchung eines im Krankenhaus vorstelligen Notfallpatienten und die Aufnahmeuntersuchung stellten deshalb ein und dieselbe Untersuchung dar, so dass für den Fall der Erforderlichkeit stationärer Behandlung nach § 3 Abs. 3 des Landesvertrages kein ambulanter Behandlungsfall entstehe. An dieser Rechtslage ändere sich auch nichts dadurch, dass der Patient gegebenenfalls in ein anderes Krankenhaus verlegt werde. Denn § 5 Abs. 1 des Landesvertrages regele, dass die Verlegung zu veranlassen sei, wenn bei der Aufnahmeuntersuchung festgestellt werde, dass es medizinisch notwendig sei, die voll- oder teilstationäre Behandlung in einem anderen Krankenhaus durch- oder fortzuführen. Das Bundessozialgericht habe sich im Urteil vom 28. Februar 2007 (B 3 KR 17/06 R) intensiv mit den verschiedenen Möglichkeiten einer Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Notfallbehandlung auseinandergesetzt. Es sei zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt, dass eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitgehende vermeidende Definition nur vom Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer ausgehen könne. Eine physische und organisatorische Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses sei augenfällig gegeben, wenn sich die Aufenthaltsdauer zeitlich mindestens auf einen Tag und eine Nacht erstrecke. Dabei sei zwingend eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen in den Fällen von Notfallbehandlung in Rettungsstellen mit anschließender stationärer Aufnahme. Für diese Trennung sei eine besondere gesetzliche Grundlage nicht erforderlich. Vielmehr benötige die Klägerin ihrerseits eine Rechtsgrundlage für den begehrten Vergütungsanspruch. Soweit im Anschluss an eine ambulante Notfallbehandlung eine stationäre Aufnahme erfolge, handele es sich bei der Notfallbehandlung faktisch um eine verlängerte Aufnahmeuntersuchung mit dem Ergebnis der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme, weswegen die Leistungen vollumfänglich nicht der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen seien. Die Beklagte gehe davon aus, dass die bei der Klägerin angestellten Ärzte unter Berücksichtigung der im Rahmen der jeweiligen Aufnahmeuntersuchung getroffenen Diagnose (ex ante) festgestellt hätten, dass eine adäquate medizinische Behandlung mit den Mitteln eines Krankenhauses erforderlich sei und nur stationär erfolgen könne. Daran müsse sich die Klägerin festhalten lassen. Der Klägerin sei zwar zuzustimmen, dass sich das BSG in seinem Urteil vom 4. März 2004 (B 3 KR 4/03 R) mit einem Sachverhalt beschäftigt habe, in dem die stationäre Aufnahme in dem Krankenhaus erfolgt sei, in dem auch die Notfallbehandlung stattgefunden habe. Dieser Umstand sei jedoch nicht von entscheidender Bedeutung. Denn der Charakter der gesamten medizinisch zusammenhängenden Behandlung ändere sich dadurch wie ausgeführt nicht. Daran ändere sich auch nicht dadurch etwas, dass die Aufnahme in einem anderen entsprechend spezialisierten Krankenhaus indiziert gewesen sei. Denn die sodann erfolgte stationäre Aufnahme sei im unmittelbaren tatsächlichen Anschluss an die Notfallbehandlung erfolgt. Die Klägerin könne sich nicht auf § 12 der Berufsordnung der Landesärztekammer Brandenburg berufen, da diese nur für Honorarforderungen von Ärzten, nicht von Krankenhäusern gelte. Dementsprechend bestimme vielmehr § 8 Abs. 6 Krankenhausentgeltgesetz für den Fall, dass die mit einer Fallpauschale vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht würden, die Fallpauschale durch das Krankenhaus zu berechnen sei, welches den Patienten stationär aufgenommen habe.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 14. Juli 2016 die Honorarabrechnung u. a. für das hier streitgegenständliche Quartal 2011/IV abgeändert und der Klägerin 3.635,33 Euro nachvergütet.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2017 (Zustellung: 24. März 2017) abgewiesen. Der Beklagte habe in den 20 streitgegenständlichen Behandlungsfällen zu Recht eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vorgenommen, da in der Notfallambulanz die Entscheidung zur Notwendigkeit stationärer Behandlung getroffen worden sei und die stationäre Aufnahme – wenn auch in einem anderen Krankenhaus – unmittelbar erfolgt sei. Es sei jeweils von einem einheitlichen Behandlungsfall auszugehen. Einzige Grundlage eines Vergütungsanspruchs sei vorliegend § 76 Abs.1 Satz 2 SGB V. Krankenhäuser dürften in diesem Rahmen nur ambulante Behandlungen vornehmen. Der Begriff des einheitlichen Behandlungsfalles ergebe sich im Wesentlichen aus der Rechtsprechung der für die Krankenversicherung zuständigen Senate des BSG. Der hier streitgegenständliche Sachverhalt sei jedoch bislang nicht entschieden worden. Die bisherigen Urteile böten jedoch einen Ansatz für Begrifflichkeiten. Unter anderem ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R – dass für den Fall der Entlassung eines Patienten aus der Notaufnahme nach Hause keine stationäre Behandlung vorliege, weil weder die für eine Krankenhausbehandlung typische intensive, aktive und fortdauernde ärztliche Betreuung noch die Pflege mithilfe von jederzeit verfügbarem pflegefunktions- und medizinisch-technischem Personal erforderlich sei. Hieraus lasse sich im Umkehrschluss schließen, dass im Fall einer stationären Aufnahme eines Versicherten nach der Notfall-Erstversorgung ein einheitlicher stationärer Behandlungsfall vorliege, und zwar unabhängig davon, in welchem Krankenhaus die stationäre Aufnahme erfolge. Die von der Klägerin vorgenommene Differenzierung zwischen Notfallbehandlung und Aufnahmeuntersuchung sei nicht ganz schlüssig. Denn in beiden Fällen obliege dem Arzt die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit bestehe. Im Falle der Notfallbehandlung gehöre dazu neben der Erstdiagnose auch die Erstversorgung, deren Umfang durch den medizinischen Bedarf und nicht die gegebenenfalls vorhandenen technischen Mittel bestimmt sei. Aber auch bei einer Aufnahmeuntersuchung müsse der Arzt unabhängig von der vorliegenden Verordnung entscheiden, ob eine stationäre Aufnahme notwendig sei. Diese Entscheidung habe im Rahmen der Notfallbehandlung der untersuchende Arzt zu treffen. Werde die Entscheidung bejaht, sei davon auszugehen, dass dann auch ein einheitlicher Behandlungsfall vorliege, wenn in der Rettungsstelle die Entscheidung zur Einweisung in anderes (fachlich zuständiges) Krankenhaus getroffen werde. Das SG folge auch dem Urteil des LSG Thüringen vom 31. Januar 2012 (L 6 KR 497/07). Danach sei unter einem Behandlungsfall bei einer stationären Behandlung im Fallpauschalsystem die gesamte Behandlung derselben Erkrankung zu verstehen, die ein Patient von der stationären Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung erhalte. Es sei insgesamt ein einheitlicher Behandlungsfall anzunehmen, wenn die stationäre Aufnahme im unmittelbaren zeitlichen und medizinischen Zusammenhang mit der Notfallbehandlung stehe. Gleiches folge auch aus der Entscheidung des hiesigen Senats vom 12. März 2010. Es seien verschiedene Fallgruppen denkbar, hier sei es einheitlich um Fälle gegangen, in denen die Entscheidung zur Überweisung bzw. Verlegung in ein anderes Krankenhaus in der Notaufnahme getroffen worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 21. April 2017. Zu deren Begründung führt sie aus, entgegen der Auffassung des SG könnten in den hier streitgegenständlichen Fällen die ambulante Notfallbehandlung nicht mit der nachfolgend stationären Behandlung zu einem einheitlichen Behandlungsfall zusammengefasst werden. Der Schluss eines einheitlichen Behandlungsfalles aus der nachfolgenden stationären Behandlung folge nicht aus den Urteilen des BSG vom 4. März 2004 (B 3 KR 4/03 R) und vom 28. Februar 2007 (B 3 KR 17/06 R). § 21 Abs. 1 BMV-Ä und der EBM in Kapitel 1 Nr. 3.1 definierten als Behandlung die desselben Versicherten durch dieselbe Arztpraxis in einem Kalendervierteljahr zu Lasten derselben Krankenkasse. Dies müsse auch im stationären Bereich so entsprechend gelten.

 

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 22. Februar 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2014 sowie des Bescheides vom 14. Juli 2016 zu verpflichten, über das Honorar der Klägerin für das IV. Quartal 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Ein Notfall gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V liege nicht vor, wenn der Patient mit Mitteln des stationären Sektors gemäß § 39 SGB V versorgt werde. Denn die Notfallbehandlung ende, wenn der Versicherte zu einem zugelassenen Leistungserbringer verlegt werden könne (BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 – B 1 KR 9/05 R sowie vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R). Die Klägerin könne nicht wegdiskutieren, durch die von ihr selbst organisierte Verlegung bzw. Überweisung in ein anderes Krankenhaus dokumentiert zu haben, dass der Patient gemäß § 3 Abs. 3 des Landesvertrages einen Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 39 SGB V gehabt habe. Jedenfalls aus den Protokollnotizen zu dem Vertrag ergebe sich auch, dass die dortigen Vertragsparteien davon ausgingen, dass die Kosten der Krankenhausbehandlung auch des Erstbehandelnden (verlegenden) Krankenhaus nach Pflegesätzen abzurechnen seien. Die Klägerin könne sich nicht auf das Urteil des BSG vom 1. Februar 1995 (B 6 RKa 9/94) berufen. Im dortigen Fall habe das BSG eine Vergütung für die vertragsärztliche Notfallbehandlung zugesprochen, weil sich erst durch die Untersuchung herausstellte, dass kein Krankheitsbefund vorgelegen habe. In den hier streitgegenständlichen Fällen sei jedoch die Behandlungsnotwendigkeit nicht streitig.

Auf die eingereichten Kopien der angeführten Regelwerke und Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (Bescheidungsklage) nach §§ 54 Abs. 4, 131 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl. BSG, Urt. vom 23. Februar 2005 –B 6 KA 77/03 R- juris-Rdnr. 14). Die Klägerin wendet sich gegen eine quartalsgleiche sachlich-rechnerische Richtigstellung und begehrt der Sache nach eine Nachvergütung verbunden mit der Anfechtungsklage gegen die Honorarteilversagung (vgl. BSG, Urt. v. 12. Dezember 2012 –B 6 KA 5/12 R- Rdnr. 9). Der Änderungsbescheid vom 14. Juli 2016 ist dabei nach § 96 SGG Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden.

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist zur Abänderung des streitgegenständlichen Bescheides vom 26. April 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2014 sowie des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2016 verpflichtet, weil sie der Klägerin auch die streitgegenständlichen 20 Fälle zu vergüten hat.

Die Beklagte ist zwar aufgrund von § 106 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen. Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist auch die Abrechnung von Notfallbehandlungen, die durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser erbracht werden. Infolge der Gleichstellung der in Notfällen tätigen Krankenhäuser mit Vertragsärzten gelten die für die Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechtes entsprechend. Dies gilt nicht alleine für die Anwendung der Honorarregelungen im engeren Sinne, sondern auch für die entsprechende Geltung der übrigen für die Erbringung und Abrechnung von Leistungen maßgeblichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts, einschließlich derjenigen über die Richtigstellung vertragsärztlicher Abrechnungen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 – B 6 KA 3/12 R – Rdnr. 12 mit Bezugnahme auf BSGE 102, 134 Rdnr. 14). Die Klägerin hat diese Behandlungsfälle aber zu Recht abgerechnet.

Die Notfallbehandlungen gehören zu einem Bereich, in welchem das Gesetz den Kassenärztlichen Vereinigungen die Sicherstellung eines Notfalldienstes aufgibt. Es ist nämlich gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen. Nach § 75 Abs. 1b Satz 2 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Sicherstellung auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst). Ausdrücklich ausgenommen ist davon alleine die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, sofern Landesrecht nichts anderes bestimmt, § 75 Abs. 1b Satz 2 Halbsatz 2 SGB V. Es entspricht also der Entscheidung des Gesetzgebers, den Kassenärztlichen Vereinigungen und nicht den Krankenhäusern die Verpflichtung zur Gewährleistung eines Notdienstes im Rahmen der ambulanten Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zuzuweisen. Das Gesetz sieht neben diesem Notfalldienst und dem landesrechtlich geprägten Rettungsdienst keine dritte Leistungsebene vor (so insgesamt BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 – B 6 KA 3/12 R – Rdnr. 21 und 22 noch zu § 75 SGB V alte Fassung). Der Gesetzgeber hätte eine reguläre Beteiligung der Krankenhäuser an der ambulanten Notfallversorgung regeln können. Stattdessen sieht das Gesetz eine Beteiligung der Krankenhausambulanzen nur als “andere Ärzte” in der Ausnahmevorschrift des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor. Die Versicherten sind nicht verpflichtet, vorrangig den organisierten Notfalldienst der Kassenärztlichen Vereinigungen in Anspruch zu nehmen. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V gewährt ihnen ausdrücklich das Recht, in der besonderen Situation eines Notfalles zur Realisierung ihres Sachleistungsanspruches auch Krankenhäuser zu konsultieren.

Aus § 115 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB V, also dem Umstand, dass “die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes” Vertragsinhalt von dreiseitigen Verträgen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten sein kann, folgt nichts anderes (BSG, a.a.O. Rdnr. 24). Zur Begründung der Abrechnungsbefugnis für eine solche ambulante Behandlung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bedarf es also keines Abschlusses dreiseitiger Verträge nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 SGB V (Hess in Kasseler Kommentar, § 115 SGB V Rdnr. 7; Steege in: Hauck/Noftz, SGB, 10/17, § 115 SGB V Rdnr. 29).

Wie das BSG ferner bereits im Urteil vom 1. Februar 1995 (Az. 6 RKa 9/94) klargestellt hat, gehört zur vergütungspflichtigen Behandlung nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V auch die Abklärung, ob eine sofortige Untersuchung und Behandlung durch einen Arzt nötig ist, auch wenn der gesetzlich versicherte Patient nur subjektiv von einem Notfall ausgeht. “Sucht ein Versicherter die Ambulanz des Klinikums auf, weil er subjektiv eine Notfallsituation annimmt, so muss zur Klärung, ob eine sofortige Untersuchung und Behandlung notwendig ist, ein Arzt hinzugezogen werden, der sich zumindest über die Beschwerden des Patienten und dessen Zustand unterrichten muss, ehe er eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen kann. Bereits diese orientierende Befragung und Untersuchung ist eine ärztliche Tätigkeit im Rahmen der Krankenbehandlung, die nach allgemeinen Grundsätzen einen Vergütungsanspruch nach sich zieht.” (BSG, a. a. O. juris Rdnr. 18). Dies gilt auch unter dem Aspekt, dass die Erste-Hilfe-Stellen der Krankenhäuser nicht missbräuchlich in Anspruch genommen werden sollen und einer unzulässigen Verlagerung der ambulanten Behandlung von gesetzlich Versicherten in die Krankenhäuser möglichst verhindert werden sollte. Denn in solchen Fällen fallen regelmäßig nur geringe Gebühren für eine Beratung und gegebenenfalls eine symptombezogene klinische Untersuchung an, so dass kein Anreiz für eine darüber hinausgehende Behandlung besteht (BSG a. a. O., juris-Rdnr. 20).

Es hat sich hier um Notfälle im vorgenannten Sinne gehandelt, bei denen zumindest aus subjektiver Patientensicht eine sofortige Behandlung erforderlich gewesen ist. Dies steht zwischen den Beteiligten außer Streit: Zum Teil folgt dies bereits aus dem Datum (Sonn- oder Feiertag) bzw. der Uhrzeit der Notfälle (Nachtzeit). In anderen Fällen erforderten die Symptome jedenfalls aus Laiensicht sofortiges Handeln (Schlaganfallverdacht, Verdacht auf schwere Psychosen, schwere Verbrennungen). Dazu gehören auch die Fälle, bei denen die Versicherten nach stundenlangem Nasenbluten die Rettungsstellen aufgesucht haben. Bei stark oder dauerhaft blutenden Wunden besteht zumindest subjektiv akuter Behandlungsbedarf. Die Anfahrt erfolgte nicht selten durch den Rettungswagen. Auch dies indiziert jedenfalls aus subjektiver Sicht Notfallbehandlungsbedürftigkeit. Im Einzelnen (vgl. die Kopien der Behandlungsbögen GA Bl. 60ff).: S: Aufnahme –so der Terminus in den Formularen- am 26. Dezember 2011 um 19.55 Uhr, diagnostiziert wird ein Schlaganfall. T P: Aufnahme am 15. Oktober 2011 um 01.57 Uhr, war halluzinierend und desorientiert herumirrend aufgefunden worden. F T: Durch Rettungswagen am 3. November 2011 vorgeführt mit seit zwei Stunden andauerndem Nasenbluten (Epistaxis). Als Befund wurde festgestellt, dass die Blutungsquelle nicht eruierbar sei. B S: Aufnahme am 14. Oktober 2011 um 21.03 Uhr mit Schlaganfallsymptomen. A H: Aufnahmediagnosen am 19. Oktober 2011 um 15.29 Uhr akute Alkoholintoxikation F 10.0, Alkoholkrankheit F 10.2 sowie Krampfanfall R 56.8 S E: Aufnahme am 24. Oktober 2011 um 10.48 Uhr durch Notarzt nach Krampfanfall. G B: Jahrgang 1929, Zuführung mit dem Rettungswagen am 1. Dezember 2011 um 07.36 Uhr mit stark rezidivierenden linken thorakalen Schmerzen mit Ausstrahlung in den linken Arm, zunehmenden Atembeschwerden bei bekannter Herzinsuffizienz. J G: geboren 2010, Aufnahme am 24. Oktober 2011 um 16.24 Uhr mit Verbrühungen (Verbrennungen zweiten Grades). Das Kleinkind wurde behandelt und dann mit Rettungstransportwagen ins Verbrennungszentrum verlegt. IG(geboren 1933): Vorstellung am 29. Oktober 2011 (Samstag) um 13.38 Uhr mit Schlaganfallsymptomen. H V (geboren 1929): Aufnahme am 5. November 2011 (Samstag) um 09.26 Uhr mit Rettungswagen mit Verdacht auf Schlaganfall, Schwindel und Taumel. EZ (geboren 1924): Aufnahme am 22. Oktober 2011 (Samstag) um 12.45 Uhr mit Rettungswagen, Diagnosen Polyneuropathie G 62.9 (“hat kein Gefühl mehr in beiden Fußsohlen, kann nicht mehr stehen und laufen, Missempfindungen schon länger, zuletzt aber zunehmend”). O B: Aufnahme 21. November 2011, 21.49 Uhr nach Krampf bei Alkoholentzug. W G (Jahrgang 1935): Aufnahme 1. November 2011 um 23.32 Uhr mit Nasenbluten seit 17.00 Uhr. Die Patientin wurde behandelt, bevor die Verlegung in die HNO-Abteilung der Klinik B erfolgte. M G: Aufnahme 10. November 2011, 13.21 Uhr mit massiven Kopfschmerzen und hypertensiver Krise. Die Klägerin stellte die Verdachtsdiagnose Sinusvenenthrombose E 57.6. G H: Aufnahme am 26. Dezember 2011 um 06.38 Uhr mit Notarzt, die Klägerin diagnostizierte R 55 Synkope und Kollaps sowie R 40.0 Somnolenz. L M: Aufnahme am 2. November 2011 um 22.12 Uhr wegen Schwindels, Verschwommen-Sehens im rechten Auge etc. A R: Aufnahme 2. Oktober 2011 (Sonntag) um 10.35 Uhr mit Schlaganfallsymptomen. J T (geboren 1934): Aufnahme 1. November 2011 um 20.45 Uhr mit Halluzination, Verwirrtheit und Benommenheit. M E-: Aufnahme 29. Dezember 2011 um 03.45 Uhr wegen Schlafstörung und zunehmender Angst mit Paranoia. Der behandelnde Arzt der Klägerin diagnostiziert F 29 (Psychosen ohne nähere Angaben). D Z (geboren 1924): Aufnahme 15. Oktober 2011, 14.54 Uhr mit Rettungswagen (Samstag), dement nach Sturz und aktueller Nahrungsverweigerung).

Es steht ferner außer Streit, dass die Notambulanz der Klägerin in den 20 Fällen keine ärztliche Leistungen vorgenommen hat, die im System der gesetzlichen Krankenversicherung den regulären Vertragsärzten bzw. zugelassenen Krankenhäusern vorbehalten gewesen wären: Ganz allgemein endet die Notfallbehandlung, wenn der gesetzlich Versicherte zu einem zugelassenen Leistungserbringer verlegt werden kann (BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 – B 1 KR 9/05 R-juris-Rdnr. 21 sowie vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R juris-Rdnr. 47). Die streitigen ambulanten Behandlungen wurden jeweils mit der Verbringung der Patienten in andere Krankenhäuser abgeschlossen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Notfallambulanz in den 20 Streitfällen Behandlungen vorgenommen hat, die auch erst ein Vertragsarzt oder das zugelassene Krankenhaus hätte durchführen können.

Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ist nicht ausgeschlossen, weil sich in den streitgegenständlichen Fällen an die Notfallbehandlung in nahem zeitlichem Zusammenhang jeweils eine stationäre Krankenhausbehandlung in einem Krankenhaus eines anderen Trägers anschloss: Es handelte sich bei den Notfallbehandlungen nicht per se um einen Teil der stationären Krankenhausbehandlung. Der Senat gibt seine im Urteil vom 12. März 2010 (L 24 KA 1017/05) vertretene Auffassung auf, dass eine Vergütung nach § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V ausscheide, wenn auf eine Notfallbehandlung in der Rettungsstelle eine Aufnahme in ein Krankenhaus folge (juris-Rdnr. 21ff).

Dies lässt sich nämlich nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG ableiten.

Dieser lässt sich zunächst nur entnehmen, dass es neben Notfällen nach § 76 Abs. 1 S. SGB V auch stationäre Notfallbehandlung durch ein Krankenhaus zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen gibt: “Wird ein gesetzlich versicherter Patient als Notfall in ein nicht zugelassenes Krankenhaus aufgenommen, so wird dieses für die Dauer der Notfallbehandlung in das öffentlich-rechtlich geprägte Sachleistungssystem der Krankenversicherung einbezogen und er bringt seine Leistung nach denselben Grundsätzen, die für zugelassene Krankenhäuser gelten. Der Vergütungsanspruch richtet sich nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen die Krankenkasse.” (BSG, Urteil vom 9. Oktober 2001 – B 1 KR 6/01 R – juris Rdnr. 16).

Im Beschluss vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 114/06 B – hat der erste Senat des BSG (nur) einen Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V definiert, der vorliege, wenn eine Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich sei, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines zugelassenen Leistungserbringers und dessen Behandlung – sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen – fehle. Soweit eine ambulante Notfallbehandlung stattfinde, sei für die Vergütung des Leistungserbringers die Kassenärztliche Vereinigung zuständig oder – bei stationärer Notfallbehandlung – die Krankenkasse (Bezugnahme auf Urteil vom 18. Juli 2006 – B 1 KR 9/05 R – Rdnr. 18 ff. m. w. N.). Entscheidend ist danach für die Frage ambulanter oder stationärer Notfallbehandlung, ob das Krankenhaus den Patienten “aufgenommen” hat.

Der hiesige Senat hat sich in seinem Urteil vom 12. März 2010 zur Abgrenzung ambulanter oder stationärer Behandlung auf das Urteil des 3. Senats des BSG vom 4. März 2004 – B 3 KR 4/03 R (BSGE 92, 223) berufen. Das BSG hat sich darin allerdings lediglich zur Abgrenzung stationärer zur ambulanten Krankenhausbehandlung innerhalb des § 39 SGB V geäußert. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 werde die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht (BSG, a.a.O. juris – Rdnr. 19). Konkret hat sich das BSG nur mit der Abgrenzung stationär/ambulant bei ambulanten Operationen nach § 115 b Abs. 1 SGB V auseinandergesetzt. Nur in diesem Zusammenhang stehen die vom hiesigen Senat im Urteil vom 12. März 2010 übernommenen Ausführungen, das Kriterium eines “Aufnahmevertrages” sei ungeeignet, eine Abgrenzungsschwierigkeit weitgehend vermeidende Definition könne nur vom Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer ausgehen. Das BSG fasst dies im Zwischenergebnis zusammen, ein Eingriff finde demgemäß nur “ambulant” im Sinne des § 115 b SGB V statt, wenn der Patient die Nacht vor und die Nacht nach dem Eingriff nicht im Krankenhaus verbringe (BSG, a.a.O. juris – Rdnr. 27). Eine generelle (System-)Abgrenzung vertragsärztlicher (ambulanter) Tätigkeit zur Krankenhausbehandlung findet nicht statt.

Im Urteil vom 28. Februar 2007 (B 3 KR 17/06 R) hat das BSG ausgeführt, dass eine intensivmedizinische Behandlung die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb darstelle und damit der Prototyp einer stationären Behandlung sei. Dies gelte auch dann, wenn sie – zufällig – auf weniger als 24 Stunden beschränkt bleibe bzw. nicht über einen Tag und eine Nacht andauere. Von der teilstationären Behandlung sei sie dahingehend abzugrenzen, dass es sich um teilstationäre Behandlung – unabhängig von möglicherweise weiteren Voraussetzungen – nur dann handeln könne, wenn eine zeitliche Begrenzung der Krankenhausbehandlung als Kurzzeit- oder Intervallbehandlung schon vorher entsprechend geplant sei. Bei der Inanspruchnahme der Intensivstation sei dies nicht der Fall. Diese müsse erfolgen, solange sie erforderlich sei (BSG, a. a. O. juris – Rdnr. 21). Eine stationäre Behandlung liegt danach jedenfalls vor, wenn der Patient zur intensivmedizinischen Behandlung aufgenommen wird.

Im Urteil vom 19. September 2013 (B 3 KR 34/12 R) geht das BSG davon aus, dass Krankenhausbehandlung vorliegt, wenn das “spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses” in Anspruch genommen wird bzw. nach der Entscheidung des Krankenhausarztes genommen werden soll, was regelmäßig vorliegt, wenn der Patient mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll (BSG, Urteil vom 19. September 2013 – B 3 KR 34/12 R – , Rdnr. 11 und 13). Der Aufnahmeakt selbst, das heißt die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das Versorgungssystem setze lediglich die Entscheidung des Krankenhausarztes voraus, dass eine Behandlung für mindestens einen Tag und eine Nacht erfolgen solle. Diese Aufnahmeentscheidung auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplanes werde nach außen regelmäßig zum Beispiel durch Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes, das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen und ähnliches dokumentiert. Abzugrenzen seien solche Fälle, von denen, bei denen noch keine Entscheidung zur Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus getroffen werde, etwa weil sich aufgrund der Aufnahmeuntersuchung eine Verlegung oder die ambulante Weiterbehandlung als medizinisch sinnvoll, erforderlich und ausreichend erweise. Diese Entscheidung erteilt damit einem –von der Beklagten angenommenen- einheitlichen Behandlungsbegriff eine Absage: Eine stationäre Behandlung findet mit der ersten Untersuchung im Krankenhaus noch nicht statt, wenn anschließend ohne Aufnahme in das eigene Krankenhaus eine Verlegung erfolgt oder ambulant weiterbehandelt wird.

Im Urteil vom 27. November 2014 – B 3 KR 12/13 R – hatte sich der 3. Senat des BSG mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen, bei dem anlässlich einer ambulante Chemotherapie, die durch einen ermächtigten Krankenhausarzt im Krankenhaus durchgeführt wurde, aufgrund von Komplikationen das Notfallteam des Krankenhauses gerufen werden musste und die Patientin stationär bis zum nächsten Tag aufgenommen wurde. In einem solchen Fall der eindeutigen Zuordnung der ambulanten Behandlung zur vertragsärztlichen Versorgung gehe der Vergütungsanspruch gegen die Kassenärztliche Vereinigung nicht unter, wenn aufgrund der eintretenden Komplikation stationäre Behandlung erforderlich werde (juris – Rdnr. 25). Dies könne anders zu beurteilen sein, wenn sich an eine zunächst ambulant begonnene Therapie in den Räumen des Krankenhauses in typischer und vorhersehbarer Weise eine stationäre Aufnahme anschließe, die Behandlung also richtigerweise von vornherein stationär hätte durchgeführt werden müssen (BSG, a.a.O., Rdnr. 26). Von einer solchen Konstellation kann in den vorliegenden Fällen jeweils nicht ausgegangen werden. Die Notfallambulanz hatte keinen Einfluss darauf, dass die Patienten bei ihr vorstellig wurden und nicht gleich das “richtige” Krankenhaus aufsuchten.

Die danach entscheidende Frage, ob die Notfallambulanz die Patienten bereits in den stationären Krankenhausbetrieb des eigenen oder eines anderen Krankenhauses aufgenommen hat, ist in den hiesigen Fällen zu verneinen. Ein einheitlicher Behandlungsfall zusammen mit der nachfolgenden stationären Behandlung ist hier nicht erfolgt:

In allen hier streitgegenständlichen Fällen hat es sich zunächst rein tatsächlich um ambulante ärztliche Maßnahmen gehandelt. Eine stationäre Aufnahme (als rein tatsächlicher Vorgang) ist unstreitig weder in das Krankenhaus der Klägerin erfolgt, noch hat die Rettungsstelle das Aufnahmeprozedere für ein anderes Krankenhaus übernommen.

Es hat sich auch nicht um Aufnahmen zur stationären Krankenhausbehandlung im rechtlichen Sinne mit der Folge gehandelt, dass die Behandlung nur als Teil der stationären Krankenhausbehandlung abrechenbar ist. “Aufnahme” ist nämlich kein rechtlich geprägter Begriff, sondern umschreibt einen faktischen Vorgang. Im Normalfall der stationären Krankenhausbehandlung stellt die Aufnahme nur die Untersuchung durch einen Arzt lediglich auf Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit hin und die Eingliederung in den Krankenhausapparat dar. Die Aufnahme beschränkt sich als ärztliche Behandlungsmaßnahme auf eine Untersuchung (BSG, Urt. vom 11. März 1987 – 8 RK 19/85 – juris-Rdnr. 19). Behandlungen –wie hier die Erstversorgung beispielsweise des Kleinkindes mit Verbrühungen- gehen hierüber bereits hinaus. Ohne Eingliederung in den Krankenhausbetrieb hat aber unabhängig hiervon keine Aufnahme stattgefunden. Auch im Urteil des Thüringer Landessozialgericht vom 31. Januar 2012 ( L 6 KR 497/07) wird nur davon ausgegangen, dass, bei einer stationären Behandlung im Fallpauschalensystem unter einem einheitlichen Behandlungsfall die gesamte Behandlung derselben Erkrankung von der stationären Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung zu verstehen ist (LSG Thüringen, a. a. O. juris-Rdnr. 21). Ohne stationäre Aufnahme liegt jedoch kein solcher Behandlungsfall vor.

Es lagen hier auch keine sogenannten Verbringungen vor. Damit werden Fälle umschrieben, in denen “die mit einer Fallpauschale vergüteten Leistungen ohne Verlegung des Patienten durch mehrere Krankenhäuser erbracht” werden (§ 8 Abs. 6 Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG), etwa weil der Patient nur zur Durchführung einer bestimmten Untersuchung oder Behandlung in das zweite Krankenhaus “verbracht” wird, ohne dass er dort stationär eingegliedert wird (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Juli 2014 – L 9 KR 174/11 –, juris-Rdnr. 19 mit Bezugnahme auf Kutlu in: Spickhoff, Medizinrecht, § 8 KHEntgG Rd. 15; Gamperl, in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsrecht Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand 12/2013, § 8 KHEntgG, Anm. VII). Eine Verbringung setzt voraus, dass bereits eine stationäre Krankenhausbehandlung begonnen hat. Dies war hier –wie ausgeführt- nicht der Fall. Weiterhin verweist die Beklagte im Ansatz für sie fruchtbringend auf § 41 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä hin. Diese Vorschrift will Doppelvergütungen vermeiden. Dem Anwendungsbereich nach gilt sie allerdings nur, soweit die stationäre Behandlung am selben Tage im Belegkrankenhaus desselben Vertragsarztes erfolgt. Entsprechend anwendbar wäre die Norm damit allenfalls, wenn sich an die ambulante Notfallbehandlung die Aufnahme im selben Krankenhaus angeschlossen hätte. Eine rechtliche Zurechnung der ambulanten Notfallbehandlungen zur nachfolgenden stationären Behandlung in den anderen Krankenhäusern kann sich zuletzt auch nicht aufgrund der von der Beklagten angeführten Regelungen des Landesvertrages ergeben.

Der Beklagten ist es als Kassenärztlicher Vereinigung verwehrt, sich auf den zwischen den Krankenkassenverbänden in Brandenburg und der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg abgeschlossenen Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung zu berufen. Sie ist weder Vertragspartei des Landesvertrages, noch enthält dieser Regelungen, welche ihre Rechte oder Interessen berücksichtigen oder schützen sollen. Sie kann für sich keine Rechte aus dem Landesvertrag ableiten.

Auch die Bundespflegesatzverordnung gilt nicht im Verhältnis Notfallambulanz zu Kassenärztlicher Vereinigung.

Die der Sache nach streitgegenständlichen Vergütungsansprüche sind hier also nicht in (etwaigen) Ansprüchen der Klägerin für eine stationäre Behandlung als Krankenhaus gegenüber den beigeladenen Krankenkassen oder gegenüber den Krankenhäusern, welche die Patienten tatsächlich aufgenommen haben, aufgegangen. Bei der Notfallbehandlung hat es sich danach trotz Untersuchung der Patienten und Feststellung von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit noch nicht um eine stationäre Krankenhausbehandlung gehandelt, weil im Rahmen dieser Notfallbehandlung keine Aufnahme in das konkrete Krankenhaus erfolgt ist. Wird der Patient in ein anderes Krankenhaus verbracht bzw. ambulant weiterbehandelt, liegt noch keine Krankenhausbehandlung vor.

Es bleibt somit beim Standardfall des § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V: Anstelle des Vertragsarzt haben die für die Klägerin handelnden Ärzte eine Notfallbehandlung vorgenommen und die notwendige Krankenhausbehandlung veranlasst. Diese ambulanten ärztlichen Maßnahmen begründen Vergütungsansprüche gegen die beklagte Kassenärztliche Vereinigung unabhängig vom Anspruch des später aufnehmenden Krankenhauses gegen die jeweilige Krankenkasse. Es liegt in der Natur des gesetzlich gewollten Systems der Trennung vertragsärztlicher ambulanter und stationären Behandlung, dass ein Krankheitsfall bzw. Unfall bei Krankenhauseinweisung durch den Arzt mehrere Vergütungsansprüche auslöst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG (grundsätzliche Bedeutung) zuzulassen.