Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 244/06

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 28.07.2010 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Berlin S 81 KR 2541/03
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 244/06

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung einer vollstationären Krankenhausbehandlung nach der Fallpauschale 11.03.

Das zum damaligen Zeitpunkt von der F Universität B (FUB) betriebene Universitätsklinikum B F(UKBF) – es wird heute als Teil der Klägerin unter der Bezeichnung C C B F geführt – behandelte auf seiner hämatologischen Station in der Zeit vom 12. September bis zum 7. Oktober 2000 den bei der Beklagten krankenversicherten G R (im Folgenden: der Versicherte). Bei diesem war 1998 ein Aderhautmelanom am linken Auge mit einer Größe von 9,7 mm diagnostiziert worden. Aufgrund einer lokalen Strahlentherapie kam es zu einer Vernarbung des Tumors; die Narbe schrumpfte hierbei auf eine Größe von unter 3 mm. In der Zeit vom 15. bis zum 19. September 2000 wurde dem Versicherten nach dem Auftreten von Lebermetastasen eine Hochdosischemotherapie verabreicht, am 22. September 2000 erfolgte die Transplantation positiver autologer Stammzellen. Die Rechnung der FUB vom 30. Oktober 2000, mit der für die Erbringung der Fallpauschale 11.03 ein Betrag von 174.708,93 DM geltend gemacht wurde, beglich die Beklagte zunächst in vollem Umfang, ließ die Abrechenbarkeit dieser Fallpauschale jedoch vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) anschließend überprüfen. Nachdem der MDK in mehreren Stellungnahmen die Abrechenbarkeit der o.g. Fallpauschale verneint hatte und die hierüber in Kenntnis gesetzte FUB an ihrer Auffassung festhielt, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juni 2002 eine Korrektur des in Rechnung gestellten Betrages in Höhe von 149.988,68 DM (76.687,99 Euro) an, da nur eine Abrechnung in Höhe der Abteilungs- und Basispflegesätze gerechtfertigt sei. Die an das UKBF gerichtete “Ausgabe-Sammelanordnung” der Beklagten ebenfalls vom 24. Juni 2002 enthält im Wesentlichen folgende Aufstellung:

Rechnungs-Nr. oder Rechnungs- Datum Rechnungsbetrag

EURO 1000205970 1.948,04 5633 4.458,87 6085 1.724,74 5878 3.033,50 5856 4.183,38 5846 2.837,98 1000102044 -76.687,99 5814 3.421,90 5869 428,00 5874 1.735,90 6155 785,86 6326 47.067,32 5807 7.970,45 5845 393,08 5979 718,14 5554 3.230,58 5768 14.454,48 6101 5.166,54 5796 5.145,51 5908 10.387,13 5481 16.181,27 6328 9.294,01 6275 5.871,30

Gesamtbetrag 73.749,99 EUR

Im Rahmen ihrer am 24. Dezember 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgebracht, die hier streitbefangene Fallpauschale 11.03 in der für das Jahr 2001 geltenden Fassung habe nach dem OPS-301 insbesondere die Prozedur 5-411, also eine unstreitig durchgeführte Knochenmarktransplantation, umfasst. Da im Entlassungsbericht des Krankenhauses “als Hauptdiagnose C 49.9 (bösartige Neubildung Bindegewebe ) und als Nebendiagnose C 69.3 (Aderhautmelanom) verschlüsselt worden” seien und in der Definition der Fallpauschale 11.03 die ICD-10-Diagnose C 49.9 mitenthalten sei, seien die Abrechnungsvoraussetzungen dieser Fallpauschale erfüllt. Dass als Nebendiagnose ferner C 69.3 verschlüsselt worden sei, schade nicht. Trotz ihres irreführenden Namens habe diese Erkrankung nichts mit dem malignen Melanom der Haut gemeinsam, sondern sei der großen heterogenen Gruppe der malignen Weichteiltumore zuzuordnen. Selbst wenn man entgegen der allein relevanten Entlassungsanzeige das Aderhautmelanom als Hauptdiagnose ansehen würde, könnte nach Nummer 2 der dem Fallpauschalen-Katalog vorangestellten Abrechnungsbestimmungen die Fallpauschale 11.03 aufgrund einer “entsprechenden” Diagnose abgerechnet werden, da die durchgeführte Prozedur (Knochenmarktransplantation) nach Art und Aufwand derjenigen Leistung entspreche, die der Fallpauschalen-Definition zu Grunde liege. Trotz der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – (Urteil vom 13. Dezember 2001, Az.: B 3 KR 1/01 R) sei eine Analogbewertung im vorliegenden Falle nicht ausgeschlossen, da die Zuordnung des Aderhautmelanoms zu den Hauttumoren nicht mehr dem medizinischen Wissensstand entspreche.

Mit Urteil vom 25. April 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 76.687,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2002 zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die – unstreitige, allerdings nicht genannte – Hauptforderung der Klägerin sei nicht infolge Erfüllung nach § 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 69 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) untergegangen. Zum einen habe die Beklagte die Aufrechnung nicht wirksam nach § 388 Satz 1 BGB erklärt, da sie die Hauptforderung, gegen die sie habe aufrechnen wollen, nicht benannt habe und die fehlende Bestimmtheit nicht dadurch geheilt werde, dass sich die Beteiligten in dem Bestehen einer der Klägerin zustehenden Hauptforderung einig seien. Zum anderen habe auch keine Aufrechnungslage bestanden, da die Klägerin zur Rückzahlung der für die Behandlung des Versicherten geleisteten Vergütung nicht verpflichtet gewesen sei. Die Berechnung der Fallpauschale 11.03 sei möglich, weil im Entlassungsbericht der Klägerin der in Spalte 4 der Fallpauschale 11.03 aufgeführte OPS 8-805.0 aufgeführt sei und es nicht zusätzlich auf eine der in Spalte 3 genannten Diagnosen nach dem ICD-10 ankomme.

Gegen dieses ihr am 3. Mai 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 29. Mai 2006, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt: Die Hauptforderungen, gegen die sie aufgerechnet habe, ergäben sich aus der o.g. Ausgabe-Sammelanordnung. Die dort genannten Forderungen der Klägerin seien hinsichtlich des Grundes und der Höhe unstreitig. Die Aufrechnung werde gegenüber diesen Hauptforderungen anteilig erklärt. Selbst wenn man der Auffassung des Sozialgerichts folge, habe dieses gegen die Untersuchungsmaxime des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen, in dem es zu keinem Zeitpunkt den Versuch unternommen habe, den Sachverhalt insoweit aufzuklären. Dass für die Abrechnung einer Fallpauschale selbstverständlich sowohl die in Spalte 4 des bundesweiten Fallpauschalen-Katalogs ausgewiesene und in Form eines OPS-Schlüssels kodierte Leistung als auch die in den Spalten 3a (ICD-10) bzw. 3b (ICD-9) der Fallpauschale zugeordneten Hauptdiagnosen gegeben sein müssten, stellten selbst die Krankenhausgesellschaften nicht in Abrede.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung, beruft sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Die Behandlung im streitigen Zeitraum habe nur die Lebertumore des Versicherten betroffen, nicht hingegen den Primärtumor im Auge. Die Fallpauschale 11.03 sei zumindest auf der Grundlage einer “entsprechenden” Diagnose abrechenbar.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte und die von der Klägerin geführte, den Versicherten betreffende Patientenakte, die beigezogen wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben, denn die zulässige Klage ist unbegründet. Gegen den geltend gemachten Vergütungsanspruch hat die Beklagte mit ihrer Gegenforderung wirksam aufgerechnet.

I. Die Klägerin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 des Berliner Universitätsmedizingesetzes – BerlUMG -), ist als Gesamtrechtsnachfolgerin der FUB und der Humboldt-Universität zu Berlin für die Human- und Zahnmedizin (§ 1 Abs. 2 BerlUMG) Inhaberin der streitigen Vergütungsforderung geworden.

II. Ein Vergütungsanspruch in Höhe von 150.437,98 Euro steht der Klägerin unstreitig aufgrund ihrer in der “Ausgabe-Sammelanordnung” der Beklagten vom 24. Juni 2002 aufgeführten Rechnungen mit den folgenden Rechnungsnummern zu:

1000205970 5814 5845 5908 5633 5869 5979 5481 6085 5874 5554 6328 5878 6155 5768 6275 5856 6326 6101 5846 5807 5796

Durch die Angabe der Rechnungsnummern sind die durch die Klage rechtshängig gewordenen Forderungen der Klägerin hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar. Unerheblich ist daher, ob der von der Beklagten herangezogenen Rechtsprechung des 3. Senats des BSG zu folgen ist, wonach konkrete Feststellungen zu einer unstreitigen Hauptforderung nicht erforderlich sein sollen (BSG, Urteile vom 22. Juli 2004, Az.: B 3 KR 21/03, und vom 3. August 2006, Az.: B 3 KR 7/06 R, beide veröffentlicht in juris). Indem die Klägerin gegenüber jeder dieser Hauptforderungen anteilig aufgerechnet hat, sind diese nur in Höhe der Aufrechnung rechtshängig geworden. III. Diese Hauptforderungen der Klägerin sind jedoch, soweit sie rechtshängig wurden, durch Aufrechnung erloschen. Denn der Beklagten steht als Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 76.687,99 Euro zu (hierzu unter 1.), mit dem sie wirksam aufgerechnet hat (hierzu unter 2.).

1.) Die von der Beklagten geltend gemachten Rückforderungsbegehren basieren auf dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieses aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, da auch schon für die Zeit vor der Neufassung des § 69 SGB V zum 1. Januar 2000 die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus öffentlich-rechtlich geprägt waren. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812ff BGB), dem der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen dienen. Allerdings ist auch im Zivilrecht nicht ausdrücklich geregelt, wann eine Bereicherung ungerechtfertigt ist. Es lässt sich deshalb keine einheitliche Formel für das Vorliegen oder Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes aufstellen. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, grundsätzlich zurückgefordert werden können (BSGE 93, 137 m.w.N.).

Der Klägerin standen für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 12. September bis zum 7. Oktober 2000 ein Vergütungsanspruch nur in Höhe der unstreitigen tagesgleichen Abteilungs- und Basispflegesätze zu. Ein darüber hinausgehender Vergütungsanspruch bestand nicht, denn die Voraussetzungen für die Abrechnung der Fallpauschale 11.03 lagen im Falle des Versicherten nicht vor.

a) Grundlage des Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) getroffenen vertraglichen Vereinbarungen: Nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über die Krankenhauspflegesätze. Nach der im Jahre 2000 geltenden Rechtslage ist die Vergütung grundsätzlich nach der Anzahl der Behandlungstage zu bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Nach § 17 Abs. 2a KHG in der im Jahre 2000 geltenden Fassung (alte Fassung – aF -) sind für die Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen schrittweise Fallpauschalen und Sonderentgelte einzuführen (Satz 1), die bis zum 31. Dezember 1997 in der Rechtsverordnung nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG bestimmt wurden (Satz 2). Erstmals für den Pflegesatzzeitraum 1998 haben gem. Satz 3 dieser Vorschrift die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung vereinbart. Die Entgeltkataloge sind für diejenigen Krankenhausträger unmittelbar verbindlich, die Mitglieder einer Landeskrankenhausgesellschaft sind; andernfalls sind die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zugrunde zu legen (Satz 6). Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte galten ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (Satz 10). Zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte erfasst werden, sind tagesgleiche Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für sonstige Leistungen vorzusehen (Satz 12).

Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung erlassene BPflV hat die gesetzlichen Vorgaben unter teilweiser Wiederholung präzisiert. Dem zunächst als Anlage zur BPflV bekannt gemachten “Bundesweiten Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser” (FPK) in der im Jahre 2000 geltenden Fassung, Anhang 1 und 2 zu § 11 Abs. 1 BPflV, vorangestellt sind die “Abrechnungs-Bestimmungen”, die u.a. folgendes regeln:

“1. Fallpauschalen werden für die im Entgeltkatalog bestimmten Behandlungsfälle berechnet, wenn diese die Hauptleistung des Krankenhauses für den Patienten sind … 2. Maßgeblich für die Zuordnung eines Patienten zu einer Fallpauschale und damit für deren Abrechenbarkeit ist die im Entgeltkatalog ausgewiesene Leistung in Verbindung mit der genannten Hauptdiagnose für den Krankenhausaufenthalt oder einer entsprechenden Diagnose. Dabei gilt folgende Rangfolge der Definitionen: a) der Operationsschlüssel nach dem OPS-301 (Spalte 4), b) der Diagnoseschlüssel nach der ICD (Spalte 3); dieser grenzt die Fallpauschalen ergänzend zu Spalte 4 näher ab; die Fallpauschale ist auch bei “entsprechenden” Diagnosen abzurechnen, wenn die erbrachte Leistung nach Art und Aufwand der Leistung entspricht, die der Fallpauschale zugrunde liegt; c) die Textdefinition (Spalte 2); sie ist maßgeblich, soweit eine nähere Definition der Fallpauschalen mit den Schlüsseln nach den Spalten 4 und 3 nicht dargestellt werden kann und somit nur aus der Textfassung hervorgeht”.

Zur hier streitigen Fallpauschale 11.03 finden sich im FPK u.a. folgende Eintragungen:

Fallpauschalendefinition ICD-10 – SGB V OPS-301 Lympho- und myeloproliferative Erkrankungen, maligne Neoplasien von Knochen oder Weichteilen Myeloablative Therapie mit Transplantation autologer hämatopoetischer Stammzellen ab Konditionierungsphase (einschließlich Organentnahme und -bearbeitung), Erwachsene C40.0, C40.1, C40.2, C40.3, C40.8, C40.9, C41.0, C41.1, C41.2, C41.3, C41.4, C41.8, C41.9, C49.0, C49.1, C49.2, C49.3, C49.4, C49.5, C49.6, C49.8, C49.9, C81.0, C81.1, C81.2, C81.3, C81.7, C81.9, C82.0, C82.1, C82.2, C82.7, C82.9, C83.0, C83.1, C83.2, C83.3, C83.4, C83.5, C83.6, C83.7, C83.8, C83.9, C84.0, C84.1, C84.2, C84.3, C84.4, C84.5, C85.0, C85.1, C85.7, C85.9, C88.3, C88.7, C88.9, C90.0, C90.1, C90.2, C91.0, C91.1, C91.2, C91.3, C91.4, C91.5, C91.7, C91.9, C92.0, C92.1, C92.2, C92.3, C92.4, C92.5, C92.7, C92.9, C93.0, C93.1, C93.2, C93.7, C93.9, C94.0, C94.1, C94.2, C94.3, C94.7, C96.0, C96.1, C96.2, C96.3, C96.7, C96.9 5-411.0, 8-805.0

b) Entgegen der klägerischen Auffassung liegen die Voraussetzungen für die Abrechnung der Fallpauschale 11.03 nicht vor. Zwar führte die Klägerin die in Spalte 4 des im Jahre 2000 anzuwendenden FPK aufgeführte Prozedur 8-805.0 (Transfusion von Blutstammzellen aus dem peripheren Blut, autogen, tiefkühlkonserviert) bzw. 5-411.0 (Knochenmarktransplantation) des Operationenschlüssels nach § 301 SGB V (OPS-301, Version 2.0, Stand: 15. November 2000) unstreitig durch. Ob die Prozedur 8-805.0 (so die Entlassungsanzeige der FUB vom 25. Oktober 2000) oder 5-411.0 (so die Rechnung der FUB vom 30. Oktober 2000 und das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin) durchgeführt wurde, kann letztlich dahinstehen, da beide in Spalte 4 genannt werden. Die Prozeduren unterscheiden sich nur durch die Art der Stammzellgewinnung.

Es lag jedoch keine der in Spalte 3a abschließend aufgeführten Diagnosen nach der 10. Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) vor.

aa) Die Klägerin behauptet, Hauptdiagnose sei die Diagnose C 49.9 (bösartige Neubildung sonstigen Bindegewebes und anderer Weichteilgewebe, nicht näher bezeichnet) gewesen. Demgegenüber wies die Entlassungsanzeige der FUB vom 25. Oktober 2000 tatsächlich die Diagnose C 49.0 (Bindegewebe und andere Weichteilgewebe des Kopfes, des Gesichtes und des Halses) aus. Ungeachtet dieser uneinheitlichen Darstellung widerspricht das Vorbringen der Klägerin ihren gesamten Aufzeichnungen und Feststellungen in der dem Gericht überlassenen Patientenakte des Versicherten. Diese erwähnt an keiner Stelle die Diagnose C 49.0 bzw. deren Definition. Stattdessen wird in folgenden Teilen der Patientenakte die Diagnose C 69.3 bzw. deren Definition nach der ICD-10 (bösartige Neubildung der Chorioidea) erwähnt: – das Deckblatt der Krankengeschichte, das als Entlassungsdiagnose (!!) nennt: “C 69.3 Bösartige Neubildung Chorioidea” – die an Dr. J – offensichtlich ein weiterer behandelnder Arzt des Versicherten – gerichtete Epikrise der FUB vom 6. Oktober 2000: “Diagnosen: Aderhautmelanom links”, – die Aufnahmeanamnese – der Status Präsens: “Diagnosen: hep. met. Aderhautmelanom” – die Anmeldung zum Röntgenthorax am 14. September 2000 – die Anfrage zum kardiologischen Konsil vom 18. September 2000: “klinische Diagnose hep. met. Aderhautmelanom” – die Anmeldung zur Oesophago-Gastro-Duodenoskopie: “Indikation bzw. Fragestellung hep. met. Aderhautmelanom” – die Konsultationsanfrage an die Augenpoliklinik vom 13. September 2000 – das Schreiben der FUB vom 15. September 2000 an die Schwester des Versicherten – das Standardverlaufsprotokoll

Auch wenn der Versicherte – wie von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2009 vorgebracht – im fraglichen Zeitraum nicht wegen des Aderhautmelanoms, sondern wegen der erst infolge dieses Primärtumors entstandenen Lebertumore behandelt wurde, ändert dies im Ergebnis nichts. Denn die insoweit einschlägige Diagnose C 78.7 (“sekundäre bösartige Neubildung der Leber”) hätte die Beklagte ebenfalls nicht zur Abrechnung der Fallpauschale 11.03 berechtigt, da sie in Spalte 3 der o.g. Fallpauschalendefinition nicht aufgeführt ist.

bb) Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kommt es für die Abrechenbarkeit der Fallpauschale 11.03 auch auf die Angaben in Spalte 3 des FPK an, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt:

Wäre alleine die Einschlägigkeit einer in Spalte 4 genannten Prozedur maßgeblich für die Abrechenbarkeit einer Fallpauschale, könnte das Krankenhaus immer dann, wenn eine Prozedur bei mehreren Fallpauschalen genannt wird, eine beliebige dieser Fallpauschalen abrechnen, ohne dass es auf die konkrete Erkrankung der Versicherten ankäme (ebenso: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Januar 2005, Az.: L 1 KR 154/03). Dies war offensichtlich nicht gewollt. Im vorliegenden Fall beispielsweise könnte die Prozedur 8-805.0 auch zur Abrechenbarkeit der Fallpauschale 11.06 führen. Bei Durchführung der Prozeduren 5-411.1, 8-805.1 oder 8-805.2 könnte das Krankenhaus sogar zwischen den Fallpauschalen 11.01, 11.02, 11.04 und 11.05 wählen.

Zu Recht weist das Sozialgericht daraufhin, dass die Formulierung “in Verbindung mit” unter Ziffer 2 Satz 1 der Abrechnungsbestimmungen und das Wort “ergänzend” unter Satz 2 Buchstabe b) dieser Regelung dafür sprechen, dass die in Spalte 4 und 3 genannten Voraussetzungen jeweils kumulativ vorliegen müssen (im Ergebnis ebenso: Rochell/Engelke/Stapf/Fricke KH 98, 742ff, die die in den Spalten 2 bis 4 “im Sinne von gleichwertigen, notwendigen Bedingungen” verstehen und bei der Verletzung einer Bedingung die Abrechenbarkeit der Fallpauschale ausschließen; a.A. Leitfaden zur Einführung von Fallpauschalen und Sonderentgelten gemäß Bundesflegesatzverordnung 1995 [Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Band 44], S. 138). Allerdings kann aus dem Wort “Rangfolge” (Ziffer 2 Satz 2, 1. Halbsatz) nicht abgeleitet werden, die Durchführung einer in Spalte 4 genannten Prozedur lasse die Angaben in den Spalten 3 und 2 der jeweiligen Fallpauschale obsolet werden. Eine durch mehrere Stufen zum Ausdruck gebrachte “Rangfolge” schließt nach der grammatischen Bedeutung dieses Wortes eine kumulative Anwendung dieser Stufen nicht aus. Folgte man der Auffassung des Sozialgerichts, wäre nicht erklärlich, warum sich auch bei den Prozeduren, die in der gesamten Spalte 4 nur ein einziges Mal erwähnt werden (z.B. 9-262.0 und 9-262.1 bei den Fallpauschalen 16.01 und 16.02), überhaupt Eintragungen in den Spalten 3 und 2 finden, da sie ja mangels Abgrenzungsproblematik keinerlei Relevanz besäßen.

Auch der vom Sozialgericht vorgenommene Vergleich mit den Abrechnungsbestimmungen, die dem Bundesweiten Sonderentgelt-Katalog für Krankenhäuser (SEK) vorangestellt sind, überzeugt nicht. Die vom Sozialgericht offensichtlich vorausgesetzte Parallelität beider Abrechnungsbestimmungen besteht gerade nicht. So fehlt in Ziffer 2 Satz 1 der SEK-Abrechnungsbestimmungen die Formulierung “in Verbindung mit der genannten Hauptdiagnose”, während nach Ziffer 2 Satz 2 Buchst. b dieser Vorschrift der Diagnoseschlüssel nach der ICD-10 nur anzuwenden sein soll, “soweit ein solcher vorgegeben ist, um Sonderentgelte voneinander abzugrenzen”. Das Abgrenzungs- und daher auch das “Rangfolge”-Problem stellt sich bei der Abrechnung von Sonderentgelten kaum, da sich im SEK kaum Eintragungen in Spalte 3 (Diagnosen) finden. Dies wiederum hat seine Ursache im Wesen der Sonderentgelte, die nur einen “Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen” (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BPflV aF) – typischerweise operative Leistungen (Dietz/Bofinger Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Stand: 5/98 § 14 BPflV, Kap. IV 2) – abdecken, während mit einer Fallpauschale die gesamten Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet werden (§ 17 Abs. 2a Satz 10 KHG aF).

cc) Auch auf der Grundlage einer “entsprechenden Diagnose” (Ziffer 2 Satz 1 der FPK-Abrechnungsbestimmungen) kann – entgegen der Rechtsauffassung der Kläger – die Fallpauschale 11.03 nicht abgerechnet werden. Es kann dahinstehen, wann eine in der Abrechnung angegebene Diagnose einer im Fallpauschalenkatalog angeführten Diagnose “entspricht”. Denn der Fallpauschalenkatalog, der als abschließend konzipiert ist, muss nicht wegen einer unbeabsichtigten Regelungslücke mit einer sog. Analogbewertung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, Az.: B 3 KR 1/01 R, veröffentlicht in Juris).

Im vorliegenden Fall fehlt es schon an einer Regelungslücke. Denn die bösartige Neubildung der Chorioidea (Aderhaut) bzw. die sekundäre bösartige Neubildung der Leber sind von den Vertragspartnern des FPK nicht übersehen worden. Sie sind im Diagnoseschlüssel eigenständig unter Nr. 69.3 bzw. 78.7 ICD-10 erfasst. Damit kann ausgeschlossen werden, dass sie bei der Umschreibung der Fallpauschale 11.03 im Diagnoseschlüssel irrtümlich nicht aufgeführt wurden. Der Einwand der Klägerin, nach aktuellem medizinischem Wissensstand sei das Aderhautmelanom nicht den Hauttumoren zuzuordnen, geht an der Sache vorbei. Zum einen war das Aderhautmelanom nach der im Jahre 2000 geltenden Fassung der ICD-10 weder der Untergruppe C 43 (Melanom) noch der Untergruppe C 44 (sonstige bösartige Neubildungen der Haut) zugeordnet, sondern der Untergruppe C 69 (bösartige Neubildungen des Auges und der Augenanhangsgebilde). Zum anderen wäre es nicht Aufgabe der Gerichte, insoweit vertragliche Vereinbarungen zu korrigieren. Denn eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Sofern sich in der Praxis erweist, dass es dabei zu Ungereimtheiten kommt, ist es Aufgabe der nunmehr dafür zuständigen Vertragspartner, dies durch Weiterentwicklung der Fallpauschalen- bzw. Sonderentgeltkataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BPflV). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG anzurufen (§ 15 Abs. 4 BPflV), bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Dabei sind die Entscheidungen der Schiedsstelle nur beschränkt überprüfbar (BSG a.a.O.).

2.) Mit diesem Rückforderungsanspruch hat die Beklagte wirksam aufgerechnet.

a) Das SGB enthält zwar keine allgemeine Regelung der Aufrechnung. Für die Rechtsverhältnisse zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen ordnet § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der seit dem 18. Dezember 2008 geltenden Fassung (neue Fassung – nF -) jedoch die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB, somit auch der die Aufrechnung betreffenden §§ 387ff, an, soweit sie nicht – was hier nicht der Fall ist – mit dem Regelungssystem des SGB V unvereinbar sind (allgemein zur Aufrechnung als Institut des öffentlichen Rechts: BSGE 75, 283; 63, 224). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem ohne weitere sozialrechtliche Ermächtigungsnorm (BSGE 75, 283) gemäß § 389 BGB die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen zum Zeitpunkt des Eintritts der Aufrechungslage bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Dies ist hier der Fall. Zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung der Beklagten im Juni 2002 standen sich ihre o.g. fällige Erstattungsforderung und die in der o.g. “Sammel-Ausgabeanordnung” aufgelisteten, erfüllbaren Vergütungsansprüche der Klägerin als gleichartige Forderungen gegenüber.

b) Der Aufrechnung seitens der Beklagten steht die von ihr mit Erfüllungswirkung (§ 366 BGB) vorgenommene Zahlung nicht entgegen. Denn der Krankenkasse bleiben etwaige Einwendungen gegen Grund und Höhe der geltend gemachten Behandlungskosten trotz der Zahlung erhalten; die Rückforderung und die Möglichkeit späterer Aufrechnung gegen unbestrittene Forderungen des Krankenhauses aus anderen Behandlungsfällen werden durch die Zahlung nicht ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 20. November 2008, Az.: B 3 KN 4/08 KR R, veröffentlicht unter www.bundessozialgericht.de, m.w.N.).

c) Die Beklagte hat die Aufrechnung auch wirksam gegenüber der Klägerin (§ 388 BGB) erklärt. In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juni 2009 hat die Beklagte zudem klargestellt, dass sie gegen alle der genannten Forderungen anteilig aufrechne. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.