Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 534/06

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom 28.07.2010 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Berlin S 36 KR 2728/05
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 534/06

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. November 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine bei dem Kläger stationär durchgeführte Mastektomie.

Dem 1960 geborenen Kläger, der aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Schöneberg vom 05. Dezember 2008 (Geschäftsnummer ) nicht mehr seinen ursprünglichen weiblichen, sondern nunmehr die Vornamen B C führt, verordnete die Internistin Dr. R am 11. Oktober 2004 aufgrund der Diagnose “Transsexualität” Krankenhausbehandlung zur Durchführung einer Mastektomie. Den hierauf bezogenen Antrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Januar 2005 ab.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger u.a. geltend, dass er auch ohne künstliche Hormone einen Bart, Geheimratsecken sowie eine männliche Stimme habe. Ferner verwies er auf das Gutachten des Psychologischen Psychotherapeuten Dr. rer. nat. S vom 16. Dezember 2004, demzufolge bei ihm eine nicht heilbare Transidentität (Transsexualität) vorliege. Der Kläger empfinde sich aufgrund der transidenten Prägung dem männlichen Geschlecht als zugehörig, was sich aufgrund der Tatsache, dass andere mögliche Ursachen für die Ablehnung des männlichen Geschlechts ausgeschlossen werden könnten, nicht mehr ändern werde. Auch stehe er seit mehr als drei Jahren unter dem Zwang, seinen Vorstellungen entsprechend leben zu müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus: Voraussetzung für eine Kostenübernahme sei, dass die Diagnose “Transsexualität” gesichert sei. Diesbezüglich habe der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) anlässlich einer persönlichen Begutachtung festgestellt, dass eine manifeste Transsexualität nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, was der Gutachter insbesondere damit begründet habe, dass der Kläger sich bislang keiner psychotherapeutischen Behandlung unterzogen habe.

Im anschließenden Klageverfahren brachte der Kläger vor, dass bei ihm ein pflaumengroßer Tumor in der linken Brust festgestellt worden sei. Er lasse sich inzwischen hormonell behandeln. Außerdem reichte der Kläger zwei Arztbriefe des Facharztes für Innere Medizin Dr. D vom 21. April 2006 und 04. Juli 2006 ein. Danach sei bei der Chromosomenanalyse des Klägers ein normaler XX Chromosomensatz gefunden worden, wobei drei von 60 ausgezählten Zellen mit X0 beschrieben worden seien. In der genetischen Diagnostik sei jetzt im 11 Hydroxylase Gen festgestellt worden, dass an zwei Stellen in heterozygoter Form Punktmutationen bestünden, die in der Literatur nicht beschrieben seien und deren Beurteilung daher etwas schwierig sei. Weitere Recherchen seien durchzuführen. Ferner habe der Kläger seine Klitoris als relativ groß beschrieben. Im Zusammenhang mit dem psychologischen Gutachten von Frau B sei eindeutig eine Intersexualität zu diagnostizieren.

Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Es folgte hierbei der Begründung der angefochtenen Bescheide und führte ergänzend aus: Die Beklagte verlange vom Kläger zu Recht die Klärung, ob nicht psychiatrische oder psychotherapeutische Mittel das Spannungsverhältnis zwischen seinem körperlichen weiblichen Geschlecht und seinem männlichen Erscheinungsbild bzw. seiner seelischen Identifizierung mit dem anderen Geschlecht zu lösen vermögen. Es sei nicht verfassungswidrig, vom Kläger zu verlangen, sich vor dem in Rede stehenden tiefgreifenden Eingriff in seinen biologisch offenbar gesunden Körper einer psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.

Gegen diesen ihm am 07. Dezember 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 20. Dezember 2006, zu deren Begründung er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Ergänzend trägt er vor: Er habe die Mastektomie im Januar 2007 auf eigene Kosten in den D Kliniken B W durch Herrn P und Frau Dr. W – diese sind nach eigenen Angaben nicht beleg-, sondern konsiliarärztlich in diesem Krankenhaus tätig – stationär durchführen lassen. Im Zusammenhang mit dieser OP sei auch der Tumor in der linken Brust entfernt worden. Die Kosten für die Tumorentfernung und die Anästhesie habe die Beklagte übernommen. Seit Februar 2008 sei er bei Frau F in psychotherapeutischer Behandlung.

Der Kläger, der seit dem 01. Oktober 2009 Mitglied der Techniker Krankenkasse ist, hat eine am 28. Dezember 2006 von den Fachärzten für Plastische Chirurgie Dr. D W und P S P erstellte “Rechnung nach GOÄ” über einen Betrag von 3.500,20 EUR sowie die von denselben Ärzten am 05. Januar 2007 ausgestellte Quittung über 3.500,00 EUR zur Gerichtsakte gereicht.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. November 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3 500,20 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Die D Kliniken B W haben der Beklagten für die stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 08. bis 12. Januar 2007 einen Betrag von 1.782,50 EUR in Rechnung gestellt und hierbei die DRG J 25 Z nach dem 2007 geltenden Fallpauschalen-Katalog (“Kleine Eingriffe an der Mamma bei bösartiger Neubildung ohne äußerst schwere oder schwere CC”) sowie Ziffer 5-870.5 L des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) nach § 301 Abs. 2 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), Version 2007, (“partielle (brusterhaltende) Exzision der Mamma und Destruktion von Mammagewebe ohne axilläre Lymphadenektomie: Quadrantenresektion (mit Mamillensegment)”) in Ansatz gebracht; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 149 der Gerichtsakte verwiesen.

Der Senat hat die Stellungnahme von Dr. Wund Dr. P vom 22. April 2010 veranlass, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 142 der Gerichtsakte verwiesen wird.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Der vom Kläger bis zum Verfahren vor dem Sozialgericht geltend gemachte Sachleistungsanspruch wurde durch seine stationäre Behandlung im Januar 2007 zwischenzeitlich erfüllt. Ein hierauf gerichteter Klageantrag wäre daher unbegründet. Ein ggf. bestehender Sachleistungsanspruch wandelt sich jedoch, wenn – wie hier – der Versicherte sich diese Leistung zunächst auf eigene Kosten selbst beschafft, in einen Kostenerstattungsanspruch. Dessen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

1) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt bzw. sind den Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Ob die Leistungsablehnung der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden zu Unrecht erfolgte oder ob die im Januar 2007 durchgeführte Mastektomie unaufschiebbar war, kann offen bleiben. Denn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war der Kläger keiner wirksamen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt.

Gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen dem Versicherten und seiner Krankenkasse über den Leistungsanspruch sind nur in zwei Konstellationen denkbar: Entweder klagt der Versicherte auf Gewährung einer noch ausstehenden Behandlung als Sachleistung oder er hat sich die Behandlung zunächst privat auf eigene Rechnung beschafft und verlangt von der Krankenkasse die Erstattung der Kosten. Konnte er hingegen im Zeitpunkt der Behandlung davon ausgehen, er erhalte die Leistungen als Kassenpatient zu den Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung, so kann eine eigene Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer nicht entstehen; der Leistungserbringer muss einen etwaigen Streit über die Leistungspflicht der Krankenkasse dann unmittelbar mit dieser austragen. Das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 SGB V bietet daher keine Handhabe, die Leistungspflicht der Krankenkasse losgelöst von einer tatsächlichen Kostenbelastung allein im Interesse des Leistungserbringers abstrakt klären zu lassen und diesem damit einen eigenen Prozess zu ersparen (BSGE 89, 39 m.w.N.).

Der Kläger ist derzeit keiner wirksamen zivilrechtlichen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt. Kosten im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind ihm daher bislang nicht entstanden. Denn der Vergütungsanspruch für die Mastektomie steht nur den D Kliniken B W, nicht hingegen den Ärzten Dr. W und P zu (hierzu unter a). Selbst wenn diese Ärzte Inhaber der Forderung wären, wäre der Kläger zu deren Erfüllung – zumindest derzeit – aufgrund der Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht verpflichtet (hierzu unter b).

a) Die gesamte stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 8. bis 12. Januar 2007 unterfällt den Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG). Hierdurch begründete Vergütungsansprüche stehen allein dem Krankenhaus zu und bestimmen sich hinsichtlich ihres Umfangs nach dem auf § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) basierenden Fallpauschalen-System. aa) Die D Kliniken B W, die in den Berliner Landeskrankenhausplan aufgenommen sind, unterfallen dem sachlichen Anwendungsbereich des KHEntgG. Sie zählen nicht zu den Krankenhäusern, die nach § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes von seiner Anwendung ausgenommen sind.

bb) Die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser werden gemäß § 1 Abs. 1 KHEntgG nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. Krankenhausleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind nach § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 KHEntgG insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung; sie umfassen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen. Zu den Krankenhausleistungen gehören nicht die Leistungen der Belegärzte (§ 18 KHEntgG) sowie der Beleghebammen und -entbindungspfleger.

Allgemeine Krankenhausleistungen sind gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Unter diesen Voraussetzungen gehören dazu nach Satz 2 Nr. 2 dieser Vorschrift auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter. Demgegenüber sind Wahlleistungen andere als die allgemeinen Krankenhausleistungen. Sie dürfen neben den Entgelten für die voll- und teilstationäre Behandlung gesondert berechnet werden, wenn die allgemeinen Krankenhausleistungen durch die Wahlleistungen nicht beeinträchtigt werden und die gesonderte Berechnung mit dem Krankenhaus vereinbart ist (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG). Wahlleistungen sind nach Satz 2 dieser Vorschrift vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluss der Vereinbarung schriftlich über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten.

Die im Januar 2007 durchgeführt Mastektomie ist eine Krankenhausleistung i.S.v. § 2 Abs. 1 KHEntgG; denn die Ärzte Dr. W und Dr. P haben sie nicht als Belegärzte i.S.v. § 18 KHEntgG, § 121 SGB V erbracht. Ob sie als eine über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehende Wahlleistung zu qualifizieren ist, kann an dieser Stelle dahinstehen. Denn es ist sowohl nach dem klägerischen Vorbringen als auch nach den Angaben der Ärzte Dr. W und Dr. P nichts dafür ersichtlich, dass mit dem Kläger eine schriftliche Vereinbarung über mögliche Wahlleistungen getroffen wurde. Die Mastektomie ist daher als allgemeine Krankenhausleistung i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG einzuordnen, wobei in diesem Zusammenhang unterstellt werden soll, dass sie “nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung” des Klägers notwendig war. cc) Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit in den Ziffern 1 bis 8 im einzelnen umschriebenen Entgelten abgerechnet (§ 7 Satz 1 KHEntgG in der bis zum 24. März 2009 geltenden, hier anzuwendenden Fassung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift werden mit diesen Entgelten alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet. Geprägt von den detaillierten Vorgaben des § 17 b KHG erfolgt die Vergütung nach einem Entgeltsystem, das – von den Bereichen Psychiatrie und Psychosomatik abgesehen – nur noch auf Fallpauschalen basiert und keine Einzelleistungen, wie in der o.g. “Rechnung” vom 28. Dezember 2006 enthalten, mehr vorsieht.

dd) Somit stehen Vergütungsansprüche für die stationäre Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen ausschließlich dem Krankenhaus, keinesfalls hingegen den (natürlichen) Personen zu, die diese Leistungen im Einzelfall im Auftrag des Krankenhauses – sei es als Angestellte des Krankenhauses oder als mit ihm vertraglich verbundene Externe – durchführen. Soweit der Kläger mit den Dres. W und P demgegenüber eine (offensichtlich nur mündliche) Abrede getroffen hat, derzufolge die Vergütung für die Erbringung der Mastektomie nach den Regelungen der GOÄ und unmittelbar an sie zu zahlen ist, ist diese Abrede gem. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und 2, § 7 KHEntgG nichtig. Diese Vorschriften stellen ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB dar.

(1) Ob eine Norm als Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB anzusehen ist und deshalb zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, ergibt sich aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm. Deren Formulierung oder ihr rechtlicher Charakter sind nicht maßgebend.

§ 134 BGB schreibt für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos Nichtigkeit vor. Ordnet die als Verbotsnorm in Betracht kommende Vorschrift selbst eine Rechtsfolge an, ist diese maßgeblich; fehlt eine verbotseigene Rechtsfolgenregelung, ist im Rahmen einer normbezogenen Abwägung zu klären, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft gewollte Regelung hinzunehmen bzw. bestehen zu lassen. Das Verbot muss sich gerade gegen die Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäftes richten. Die Einordnung einer Norm als Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB hängt nach der Rechtsprechung wesentlich davon ab, ob sich das Verbot an alle Beteiligten des Geschäfts richtet, das verhindert werden soll, oder ob es nur eine Partei bindet. Sind beide Teile Adressaten des Verbots kann regelmäßig angenommen werden, das verbotswidrige Geschäft solle keine Wirkungen entfalten. Richtet sich das Verbot dagegen nur gegen eine Partei, ist ebenso regelmäßig der gegenteilige Schluss berechtigt. Diese Unterscheidung, die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertreten wird, führt dazu, dass in den Fällen, in denen das betreffende Verbot allein den einen Teil trifft, die in § 134 BGB vorgesehene Rechtsfolge nur in Betracht kommt, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert. Das kann der Fall sein, wenn das Verbot ohne die Nichtigkeitsfolge weitgehend leer liefe, wenn gerade der angestrebte Schutz des Vertragspartners die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert oder wenn der Zweck des Gesetzes nicht anders zu erreichen ist. Reicht es dagegen aus, dem gesetzlichen Verbot durch verwaltungs- bzw. strafrechtliche Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, so hat die zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit daneben keinen Platz (Nassall, in: jurisPraxisKommentar-BGB, 4. Aufl. 2008, § 134 BGB, Rd. 4ff, m.w.N.).

(2) Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass nicht der gesamte Vertrag zwischen dem Kläger und den Dres. W und P nichtig ist. Denn die Vorschriften des KHEntgG wollen weder die Erbringung einer Mastektomie als solche noch gerade unter stationären Bedingungen verhindern (vgl. insoweit auch Bundesarbeitsgericht, BAGE 105, 187ff, m.w.N., wonach bei einer Schwarzgeldabrede nicht der Arbeitsvertrag insgesamt nichtig ist – weil keine Verbotsnorm bezüglich der Arbeitsleistung existiert -, sondern lediglich diese Abrede). Ob krankenhausrechtlichen Bestimmungen zu entnehmen ist, dass die stationäre Durchführung von Operationen durch nicht bei einem Krankenhaus angestellte Ärzte ausgeschlossen sein soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. Februar 2007, Az.: B 3 KR 17/06 R, veröffentlicht in Juris, das zu der mit § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG inhaltsgleichen Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Bundespflegesatzverordnung entschieden hat, dass die dort genannten Leistungen Dritter im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktion haben dürfen), kann der Senat offen lassen. Rechtlich unzulässig soll es nach dem Zweck der o.g. Vorschriften des KHEntgG und des KHG jedenfalls zum einen sein, dass nicht das Krankenhaus, sondern dessen Mitarbeiter – gleich, in welcher Weise sie mit ihm vertraglich verbunden sind – Vergütungsansprüche erwerben. Zum anderen soll es keine Abrechnungen auf der Grundlage von Einzelleistungen mehr geben. Für Verstöße gegen diese beiden Zielsetzungen sehen das KHEntgG und das KHG keine (verwaltungs- oder strafrechtlichen) Sanktionen vor. Die Durchsetzung der o.g. Ziele ist nur dadurch zu erreichen, dass entgegenstehende zivilrechtliche Vereinbarungen die Nichtigkeit nach sich ziehen.

b) Doch selbst dann, wenn die o.g. Ärzte berechtigt sein sollten, die stationär durchgeführte Mastektomie nach dem auf Einzelleistungen beruhendem Vergütungssystem der GOÄ abzurechnen, wäre der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keiner wirksamen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt.

aa) Vorbehaltlich eines anderslautenden Bundesgesetzes verpflichtet § 1 Abs. 1 GOÄ alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (vgl. § 4 Abs. 1 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ). Gemäß § 12 Abs. 2 GOÄ muss die Rechnung insbesondere enthalten: 1. das Datum der Erbringung der Leistung, 2. bei Gebühren die Nummer und die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer sowie den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz, 3. 4. 5. bei Ersatz von Auslagen nach § 10 GOÄ den Betrag und die Art der Auslage; übersteigt der Betrag der einzelnen Auslage 50,- Deutsche Mark, ist der Beleg oder ein sonstiger Nachweis beizufügen. Überschreitet eine berechnete Gebühr nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ das 2,3fache des Gebührensatzes, ist dies auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen. Bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen sind die nach der GOÄ berechneten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Zuschläge um 25 von Hundert zu mindern. Abweichend davon beträgt die Minderung für Leistungen und Zuschläge nach Satz 1 von Belegärzten oder niedergelassenen anderen Ärzten 15 vom Hundert (§ 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 GOÄ).

bb) Diesen Anforderungen wird die “Rechnung” der Ärzte Dr. W und P vom 28. Dezember 2006 nicht gerecht. Die Fälligkeit des ärztlichen Honoraranspruchs trat nicht aufgrund dieser Rechnung ein. Denn entgegen § 12 Abs. 2 Nr. 1 GOÄ wird das Datum der Leistungserbringung – ausweislich der Rechnung der D Kliniken B W an die Beklagte wurde der operative Eingriff am 8. Januar 2007 durchgeführt – nicht genannt. Bereits dieser Umstand genügt, um das Fehlen einer wirksamen zivilrechtlichen Zahlungsverpflichtung zu begründen.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die o.g. “Rechnung” in zahlreichen weiteren Punkten nicht den von der GOÄ gestellten Anforderungen entspricht. So – fehlt für sämtliche 8 Leistungsziffern, für die die Ärzte den 3,5fachen Steigerungssatz angesetzt haben, jegliche Begründung für die Überschreitung des Schwellenwertes (§ 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ); – waren keine Belege oder sonstige Nachweise für die geltend gemachten Auslagen (hier: Narkosekosten) beigefügt (§ 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ); – weicht die Leistungsbezeichnung der geltend gemachten Abrechnungsziffern 2382, 2392 und 2394 gravierend von den Leistungslegenden dieser Nummern nach der GOÄ ab (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ); – lagen die Voraussetzungen der Leistungslegende für Abrechnungsziffer 45 nicht vor. Denn “die Leistung nach Nr. 45 ist neben anderen Leistungen des Abschnitts B nicht berechnungsfähig. Werden zu einem anderen Zeitpunkt an demselben Tag andere Leistungen des Abschnitts B erbracht, so können diese mit Angabe der Uhrzeit für die Visite und die anderen Leistungen aus Abschnitt B berechnet werden.” Die o.g. Rechnung enthält jedoch auch die dem Abschnitt B zugehörigen Leistungsziffern 34 und 62, ohne dass die jeweilige Uhrzeit der Leistungserbringung aufgeführt wird; – wurde der Minderungsbetrag nach § 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 GOÄ nicht in Abzug gebracht. Diese schwerwiegenden Mängel stünden allerdings nicht der Fälligkeit der gesamten “Rechnung”, sondern allenfalls der einzelner Positionen entgegen.

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.