Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 28/10

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht

Urteil vom 03.06.2010 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Itzehoe S 1 KR 87/07
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 5 KR 28/10

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 23. September 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 126,43 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass ihre Vergütungsforderung für stationäre Krankenhausleistungen zu verzinsen ist.

Die Klägerin behandelte in ihrer Klinik für Viszeral- und Gefäßchirurgie in H. die bei der Beklagten versicherte Ha. F. im Zeitraum vom 20. bis 22. Juli 2005.

Die Rechnung vom 1. August 2005 über 1.660,38 EUR wurde zunächst von der Beklagten bezahlt. Sie wies jedoch mit Schreiben vom 4. August 2005 darauf hin, dass ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung nur dann bestehe, wenn das Behandlungsziel nicht durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Sollten weitere Gründe die Aufnahme erforderlich gemacht haben, werde die Übersendung eines Kurzberichts gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) bzw. des Arzt-/Entlassungsbriefs erbeten. Nach sechs Wochen ohne Reaktion würde die Rechnung abgesetzt.

Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 22. August 2005, dass es ihr wegen der personellen Ausstattung nicht mehr möglich sei, die stark wachsende Anzahl der Anfragen der Kostenträger zeitgerecht zu bearbeiten. Vorrangig würden die Fälle vor 2005 bearbeitet. Auf das Anliegen werde unaufgefordert zurückgekommen. Die Beklagte stornierte daraufhin die bereits angewiesene Rechnung am 6. Januar 2006.

Am 7. Juni 2007 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Itzehoe Klage auf Zahlung des Rechnungsbetrages nebst Verzugszinsen erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass schon eine von ihr so genannte “primäre Vergütungspflicht” der Beklagten bestehe, da die Klägerin ihre Ansprüche formal ordnungsgemäß abgerechnet habe. Die Beklagte sei darauf unmittelbar zur Zahlung verpflichtet gewesen. Sie habe keine substantiierten Beanstandungen im Einzelfall vorgetragen. Deshalb könne ein Prüfungsverfahren nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen ausgeschlossen.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. T. (Arzt für Orthopädie und Chirurgie) vom 9. Juni 2009 eingeholt. Nach dem Gutachten hätte der Eingriff (digitale Subtraktionsangiographie linkes Bein) am 20. Juli 2005 durchgeführt und die Entlassung am 21. Juli 2005 erfolgen können.

Eine Zahlung der Beklagten in Höhe von 806,22 EUR ging daraufhin am 13. Juli 2009 bei der Klägerin ein.

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen und den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt sowie die Klage bezüglich der Zahlung der restlichen Hauptforderung weiterverfolgt.

Das Gutachten von Dr. T. sei für sie nicht akzeptabel. Außerdem hat sie zur Begründung der Zinsforderung auf das Verhältnis zwischen § 275 SGB V und der landesvertraglichen Regelung zum Kurzberichtsverfahren verwiesen. Die Beklagte habe keine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) eingeholt. Sie sei ihren Pflichten nicht nachgekommen, weil sie keine begründete Einzelfallprüfung vorgenommen habe. Sie habe lediglich standardisiert in einer Flut von Fällen Kurzberichte angefordert. Ende 2007 seien die Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber der Klägerin auf weit über 600.000,00 EUR angewachsen. Vor Klageerhebung sei die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben zur Zahlung aufgefordert worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 852,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basissatz der Europäischen Zentralbank auf 1.660,38 EUR ab dem 6. Januar 2006 bis 12. Juli 2009 sowie auf 852,12 EUR ab 13. Juli 2009 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Zahlung der geforderten Verzugszinsen unter Hinweis auf die fehlende Reaktion der Klägerin auf die Kurzberichtsanforderung abgelehnt. Damit habe diese die vertraglichen Regelungen nicht eingehalten, so dass der Beklagten die Prüfung ihrer Leistungspflicht nicht möglich gewesen sei.

Mit Urteil vom 23. September 2009 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 126,43 EUR zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Klage lediglich hinsichtlich der Zinsforderung bezüglich des von der Beklagten gezahlten Teils der Hauptforderung begründet sei. Die Klägerin habe hingegen keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 852,12 EUR.

Jedoch habe die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Zinsen in Höhe von 126,43 EUR. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 9 der Entgeltvereinbarung bzw. Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2005.

Danach hätten sich die Vertragsparteien darauf geeinigt, dass die übersandten Rechnungen – sofern Leistungspflicht bestehe – spesenfrei und ohne Abzug sofort, spätestens jedoch 14 Tage nach Rechnungseingang bei der zuständigen Krankenkasse (Abrechnungsstelle) zu begleichen seien. Als Tag der Zahlung gelte der Tag der Erteilung des Auftrags an das Geldinstitut oder der Tag der Absendung eines Zahlungsmittels an das Krankenhaus. Bei Zahlungsverzug könnten Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Fälligkeitstag berechnet werden. Diese Vereinbarungen enthielten lediglich eine Regelung über die Fälligkeit von Forderungen. Sie begründeten jedoch nicht eine unmittelbare Zahlungspflicht der Beklagten. Der Zusatz “sofern Leistungspflicht besteht” impliziere, dass eine Fälligkeit erst dann eintrete, wenn Klarheit über die Leistungspflicht der Beklagten vorliege. Die Regelung sei nicht weiter eingeschränkt z. B. dahingehend, dass die Beklagte lediglich auf die Prüfung beschränkt wäre, ob der jeweilige Patient bei ihr Mitglied sei und beispielsweise Beiträge gezahlt seien. Diese fehlende Einschränkung bedeute daher auch, dass es der Beklagten unbenommen sei, die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V zu überprüfen und aus diesem Grunde bei Verneinung eine Zahlung zu verweigern. Im Übrigen habe die Beklagte in diesem Fall auf ihre Rechnung unmittelbar reagiert und darauf hingewiesen, die Leistung nicht als stationäre Leistung vergüten zu können. Nach den zwischen den Beteiligten geltenden vertraglichen Regelungen stehe der Beklagten diese Möglichkeit offen. Eine unbedingte Zahlungspflicht auf eine formal ordnungsgemäße Abrechnung unter Beachtung der Grundsätze des § 301 SGB V sei zwischen den Beteiligten nicht vereinbart.

Hier sei ein Zahlungsverzug der Beklagten mit dem 6. Januar 2006 eingetreten, da die Beklagte die bereits erfolgte Zahlung zu diesem Zeitpunkt vom Rechnungslauf abgesetzt habe. Nunmehr sei durch die Beweisaufnahme (Gutachten Dr. T.) auch klargestellt, dass Leistungspflicht der Beklagten bestanden habe. Demnach seien die zwischen den Beteiligten geregelten Voraussetzungen für das Entstehen eines Verzuges erfüllt. Denn nach dem Wortlaut der Vereinbarung könnten Verzugszinsen geltend gemacht werden, wenn eine Leistungspflicht bestanden habe, egal wann das Vorliegen der Leistungspflicht festgestellt werde. Die Beteiligten hätten nämlich insoweit formuliert “sofern Leistungspflicht besteht” und nicht etwa “soweit vom Leistungsträger festgestellt wird, dass Leistungspflicht besteht”.

Die Beklagte könne sich der Pflicht zur Zinszahlung auch nicht unter Rückgriff auf die Vorschrift des § 286 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entziehen. Danach komme der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibe, den er nicht zu vertreten habe. Diese Vorschrift des BGB sei zwischen den Beteiligten nicht anwendbar, denn die Entgeltvereinbarung bzw. Pflegesatzvereinbarung im Sinne von § 112 SGB V sei insoweit abschließend und lasse keine ergänzende Geltung der BGB-Regelungen über den Verzugsschaden zu. Die Beteiligten hätten vielmehr eine spezifische Zinsregelung vereinbart, weshalb andere Zahlungsregelungen einer gesonderten Vereinbarung bedürften. Der Rückgriff auf das dispositive Recht des BGB zum Anspruch auf Verzugszinsen sei damit verschlossen.

Der Zinsbetrag von 126,43 EUR ergebe sich unter Zugrundelegung der Verzinsungspflicht des Betrages von 806,22 EUR, auf den ein Anspruch der Klägerin bestanden habe. Verzugsbeginn sei der 6. Januar 2006 gewesen, da zu diesem Zeitpunkt die Rechnung von der Beklagten storniert worden sei. Unter Zugrundelegung des Zahlungseinganges am 13. Juli 2009 sei die Forderung bis zum 12. Juli 2009 zu verzinsen gewesen, da als Zinsende gemäß § 9 der Entgelt- bzw. Pflegesatzvereinbarung 2005 der Tag der Erteilung des Auftrags an das Geldinstitut oder der Tag der Absendung eines Zahlungsmittels an das Krankenhaus als Tag der Zahlung gelte. Dies wäre spätestens der 12. Juli 2009 gewesen.

Gegen dieses der Beklagten am 2. Dezember 2009 zugestellte Urteil richtet sich ihre Nichtzulassungsbeschwerde, die am 21. Dezember 2009 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist und auf die der Senat mit Beschluss vom 6. April 2010 (L 5 B 267/09 KR NZB) die Berufung zugelassen hat.

Zur Begründung macht die Beklagte geltend, dass das Sozialgericht sie zu Unrecht zur Zahlung von Zinsen verurteilt habe. Das Sozialgericht habe die Verurteilung zur Zahlung von Verzugszinsen auf die in der Entgeltvereinbarung enthaltene Verzugsbestimmung gestützt und diese dabei unzutreffend dahingehend ausgelegt, dass es für den Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung von Verzugszinsen nicht darauf ankomme, ob die Krankenkasse die Nichtzahlung zu vertreten habe oder nicht. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei § 286 Abs. 4 BGB anwendbar. Die oben genannte Entgeltvereinbarung sei insoweit nicht abschließend und lasse eine ergänzende Geltung der Vorschriften des BGB über den Verzugsschaden zu. Die Parteien hätten keineswegs eine spezifische Zinsregelung vereinbart, die einen Rückgriff auf das dispositive Recht des BGB verschließe. Die Klägerin habe sich vor dem Sozialgericht auf eine angebliche “primäre Vergütungspflicht” der Beklagten berufen und deshalb vorgerichtlich weder einen Kurzbericht noch sonstige Angaben zur Erforderlichkeit der stationären Behandlung übermittelt und damit der Beklagten keine Prüfung der Vergütungspflicht ermöglicht. Das Sozialgericht habe zutreffend festgestellt, dass eine solche “primäre Vergütungspflicht” der Beklagten nicht bestehe. Der Zusatz “sofern Leistungspflicht besteht” in der Vereinbarung impliziere, dass eine Fälligkeit erst dann eintrete, wenn Klarheit über die Leistungspflicht der Beklagten vorliege. Die Beklagte habe das Recht, die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V zu überprüfen und bei Verneinung einer Zahlung zu verweigern. Eine unbedingte Zahlungspflicht auf eine formal ordnungsgemäße Rechnung sei zwischen den Parteien nicht vereinbart. Daraus folge, dass die Beklagte im Falle der Anwendung des § 286 Abs. 4 BGB mangels Vertretenmüssens der Nichtzahlung nicht zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet sei. Die oben genannte Entgeltvereinbarung könne nur so ausgelegt werden, dass die darin enthaltene Verzugszinsregelung die Anwendung des § 286 Abs. 4 BGB nicht ausschließe. Wenn rechtskundige Vertragsparteien – wie Krankenkassen und Krankenhausträger – in einer Vereinbarung einen gängigen, gesetzlich näher geregelten Rechtsbegriff verwendeten, ohne diesen abweichend von seiner gesetzlich bestimmten Bedeutung zu definieren, so sei regelmäßig davon auszugehen, dass die Vertragsparteien diesen Rechtsbegriff genauso verstünden, wie er im Gesetz geregelt sei. Verwenden Rechtskundige den Begriff “Verzug” oder “Zahlungsverzug”, dann sei damit regelmäßig der Schuldnerverzug im Sinne des BGB gemeint, dessen Voraussetzungen – u. a. vertreten müssen der Nichtzahlung durch den Schuldner – jedem Rechtskundigen geläufig seien. Wollten Rechtskundige vertraglich eine verschuldensunabhängige Verzinsungspflicht vereinbaren, wäre der Begriff “Zahlungsrückstand” statt “Zahlungsverzug” verwendet worden.

Hinzu komme, dass die Krankenkassen und Krankenhäuser mit der Vereinbarung von Verzugszinsen eine aus § 11 Abs. 1 KHEntgG bzw. § 17 Abs. 1 BPflV folgende gesetzliche Verpflichtung erfüllten. Es sei nicht ansatzweise ersichtlich, weshalb der Gesetz-/Verordnungsgeber den Begriff “Verzugszinsen” hätte verwenden sollen, wenn er die Anwendbarkeit von Verzugsregelungen des BGB hätte ausschließen wollen. Zudem bestehe der Zweck der Verzugszinsen nach dem Wortlaut der genannten Vorschriften darin, eine zeitnahe Zahlung der Entgelte zu gewährleisten. Durch eine nachträgliche Sanktion (Verzinsungspflicht) solle mithin eine Steuerung des Verhaltens der Krankenkassen bewirkt werden. Der Gesetzeszweck sei mit der Annahme eines verschuldensunabhängigen Zinsanspruchs unvereinbar, zumal kein Anlass bestehe, eine Nichtzahlung der Krankenkasse mit einer Sanktion zu belegen, wenn die Nichtzahlung allein darauf zurückzuführen sei, dass das Krankenhaus der Krankenkasse durch die vertragswidrige Verweigerung der Übersendung eines Kurzberichts eine Prüfung ihrer Vergütungspflicht unmöglich gemacht habe. Schließlich spreche auch die in § 69 SGB V angeordnete entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB für die Anwendung des § 286 Abs. 4 BGB. Dem gegenüber gebe es weder im Wortlaut der Entgelt-/Pflegesatzvereinbarungen noch anderweitig irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien die Geltung des § 286 Abs. 4 BGB ausschließen und einen eigenen, von dem seit über einem Jahrhundert geltenden Grundsatz “kein Verzug ohne Verschulden” abweichenden Verzugsbegriff schaffen wollten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 23. September 2009 abzuändern, die Klage in vollem Umfang abzuweisen und der Klägerin die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Im Übrigen habe die Beklagte den Verzug verschuldet. Der hier strittige Fall gehöre zu einer Masse von pauschal durch die Beklagte beanstandeten Fällen. Diese habe weder die landesvertraglichen noch die bundesgesetzlichen Regelungen zur Durchführung von Rechnungsprüfungen eingehalten und kein ordentliches Prüfverfahren eingeleitet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, Krankenakten der Klägerin und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie wurde vom Senat auf die form- und fristgerecht erhobene Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 145 SGG zugelassen.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass ihre Vergütungsforderung für stationäre Krankenhausleistungen zu verzinsen ist.

Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt, denn sie begehrt die Verurteilung der Beklagten zu einer Leistung, auf die grundsätzlich bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht. Ein Verwaltungsakt konnte nicht ergehen, weil sich die Klägerin als Krankenhausträgerin und die Beklagte als Krankenkasse gleichgeordnet gegenüberstehen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. April 2008, B 3 KR 14/07 R m.w.N.). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. Seitens der Klägerin ist auch die bei Zahlungsklagen grundsätzlich erforderliche Bezifferung des Anspruchs (vgl. BSGE 83, 254 263) erfolgt.

Nach § 9 Entgeltvereinbarung 2005 und § 9 Pflegesatzvereinbarung 2005 (Landesverträge zu § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V) haben sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass die übersandten Rechnungen – sofern Leistungspflicht besteht – spesenfrei und ohne Abzug sofort, spätestens jedoch 14 Tage nach Rechnungseingang bei der zuständigen Krankenkasse (Abrechnungsstelle) zu begleichen sind. Bei Zahlungsverzug können Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem Basissatz der Europäischen Zentralbank ab Fälligkeitstag berechnet werden.

Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, tritt die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs 14 Tage nach Rechnungseingang unabhängig davon ein, ob ein Prüfungsverfahren zur Notwendigkeit und Dauer einer Krankenhausbehandlung noch eingeleitet werden soll oder ein solches noch nicht abgeschlossen ist, und dass die Krankenkassen in solchen Fällen zur Zahlung verpflichtet sind, ohne das Ergebnis des Prüfungsverfahrens abwarten zu dürfen (s. Urteile des BSG vom 30. Juni 2009, B 1 KR 24/08 R, und vom 28. September 2006, B 3 KR 23/05 R).

Anders liegt der Fall nur dann, wenn ein Prüfungsverfahren bereits abgeschlossen ist und die Krankenkasse in substantiierter Form Einwendungen erhoben hat. Die Krankenkasse kann dann nicht auf eine allein von einer formell ordnungsgemäß erstellten Rechnung (§ 301 SGB V) abhängige Zahlungspflicht und auf einen späteren gesonderten Rechtsstreit über die Berechtigung zur Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch verwiesen werden.

Hier hatte die Beklagte allerdings schon nicht einmal ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren eingeleitet. Nach § 2 Abs. 1 des Vertrages gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung in der ab 1. Dezember 2003 geltenden Fassung können die Krankenkassen bei Zweifeln an der Abrechnung in begründeten Einzelfällen Zusatzinformationen in Form eines Kurzberichts anfordern. Nach § 275 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, bei Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Das von der Beklagten an die Klägerin gerichtete Schreiben vom 4. August 2005 hat keinerlei Bezug zu der hier strittigen Krankenhausbehandlung. Es handelt sich vielmehr um eine Art “Serienbrief”, der gleichlautend in einer Vielzahl von Fällen von der Beklagten an die Klägerin versandt wurde. Der Senat sieht hierin nicht die Einleitung eines ordnungsgemäßen Prüfungsverfahrens, zumal auch der MDK von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt eingeschaltet wurde. Weder der oben genannte Vertrag noch § 275 SGB V berechtigen die Beklagte, ihr Prüfungsrecht in dem Sinne zu handhaben, dass routinemäßig und pauschal die Begleichung von Krankenhausrechnungen verweigert wird (vgl. BSGE 89, 104 – “Berliner Fälle”; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 15, dort Prüfungsanlass wegen Entlassung am Montagmorgen) und dass die Einschaltung des MDK unterbleibt. Der angeforderte Entlassungs- bzw. Arztbrief enthält ohnehin in der Regel keine Aussagen zur Notwendigkeit der erfolgten stationären Behandlung, sondern vielmehr lediglich Hinweise zur ambulanten Weiterbehandlung. Dabei steht allerdings außer Frage, dass das Krankenhaus verpflichtet ist, der Krankenkasse die nötigen Auskünfte für das Prüfungsverfahren zu geben (vgl. zu den Auskunfts- und Mitteilungspflichten des Krankenhauses: BSG, Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R). Diese Verpflichtung besteht allerdings nur bei “Zweifeln an der Abrechnung in begründeten Einzelfällen”, die wiederum von der Krankenkasse in ihrem Auskunftsersuchen genannt werden müssen. Selbst wenn von der Beklagten entsprechend verfahren worden wäre, wäre sie gleichwohl zur Zahlung verpflichtet gewesen. Das Bundessozialgericht (Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R) hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Krankenkasse kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB hat und daher allenfalls zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe der Krankenunterlagen verurteilt werden kann. Das ergibt in diesem Verfahren allerdings keinen Sinn mehr.

Die einstweilige Zahlungspflicht und mithin der Zinsanspruch soll nach den Vereinbarungen zwischen den Beteiligten gerade nicht von der Klärung und Beantwortung der komplexen tatsächlichen und Rechtsfragen in Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit abhängen. Daher ist eine Auslegung der Verträge vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Bedeutung für die Beteiligten in dem Sinne geboten, dass die Beklagte bei der hier bestehenden Konstellation zur einstweiligen Zahlung verpflichtet war. Die knapp bemessenen Zahlungsfristen sind angesichts der Unmöglichkeit, in dieser Zeit eine Einzelfallprüfung abzuschließen, dahingehend zu interpretieren, dass Einwendungen sachlicher Art nicht zur Zahlungsverzögerung berechtigen. Den Interessen des Krankenhauses wird nicht schon dadurch Rechnung getragen, dass in Fällen einer unberechtigten Zahlungsverweigerung auch die Verpflichtung zur Bezahlung von Verzugszinsen entsteht. Denn diese Entschädigung vermag den Nachteil, der in der Gefährdung der Liquidität des Krankenhauses durch Vorenthaltung fälliger Zahlungen besteht, nicht zu vermeiden oder auszugleichen. Das wird auch hier dadurch deutlich, dass die Beklagte im April 2007 allein gegenüber der Klägerin in Zahlungsverzug mit über 600.000,00 EUR für Rechnungen aus dem Jahre 2005 für ca. 580 Behandlungsfälle war. Daraus resultierte wiederum eine Vielzahl von Klageverfahren vor dem Sozialgericht Itzehoe.

Da es den Krankenkassen unbenommen bleibt, nach Bezahlung der Rechnungen Erstattungsansprüche geltend zu machen und gegen laufende Krankenhausrechnungen aufzurechnen, führt dies in aller Regel dazu, dass unwirtschaftliche Krankenhausbehandlungen im Ergebnis nicht bezahlt werden. Sollte die Praxis dennoch erweisen, dass in vielen Fällen die vereinbarten Zahlungsfristen zu kurz bemessen sind, steht es den Vertragsparteien frei, den Vertrag zu ändern, notfalls zu kündigen (§ 112 Abs. 4 SGB V) und bei mangelnder Einigungsmöglichkeit die Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V anzurufen (§ 112 Abs. 3 SGB V).

Diese Auslegung ist unter Beachtung der wirtschaftlichen Bedeutung für die Krankenhäuser und Krankenkassen (dargestellt bei Penner, SGb 2010, S. 102 m.w.N.) geboten. Denn mittels der Ausgestaltung der einstweiligen Zahlungspflicht wird über die Liquidität der Krankenhäuser disponiert. Dies beruht darauf, dass zur Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassene Krankenhäuser ihre Erlöse überwiegend aus Entgeltansprüchen gegen die Krankenkassen erwirtschaften und durchschnittlich 11 % der behandelten GKV-Fälle einer Einzelfallprüfung unterworfen werden. Wird in diesen Fällen das Entgelt nicht gezahlt, kann das die Liquidität erheblich belasten. Zudem dauern die vorgerichtlichen Prüfungsverfahren Monate und streitige Gerichtsverfahren können sich über Jahre hinziehen. Angesichts der Vorleistungspflicht der Krankenhäuser, welche ihre Ausgaben sofort zu bestreiten haben, ist deren Interesse dementsprechend groß, in der Prüfphase über die Entgelte verfügen zu können. Umgekehrt haben aber auch die Krankenkassen ein Interesse daran, die Gelder nicht auszahlen zu müssen. Sie können überzahlte Gelder zwar mittels Aufrechnung schlussendlich zurückholen, doch bleibt eine einstweilige Zahlungspflicht auch bei ihnen nicht ohne Auswirkungen. Rund 35 % der Gesamtausgaben der GKV entfallen auf Leistungen an Krankenhäuser, so dass im Hinblick auf die Prüfquote von 11 % immerhin ein Volumen von 3,5 % am Gesamthaushalt der Kassen früher oder eben erst später zu verausgaben ist.

Der in den – anders als in den übrigen – Landesverträgen in § 9 enthaltene Zusatz “sofern Leistungspflicht besteht” kann vor diesem ökonomischen Hintergrund nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Rechnung erst dann zu begleichen ist, wenn das Bestehen der Leistungspflicht – zwischen den Beteiligten unstrittig – feststeht. Entscheidend ist allein, dass die Leistungspflicht besteht – unabhängig davon, ob sie erst später festgestellt wird.

Die Pflicht der Beklagten zur Zahlung von Verzugszinsen steht hier auch nicht § 286 Abs. 4 BGB entgegen, wonach der Schuldner nicht in Verzug kommt, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Dabei kann hier dahinstehen, ob diese Norm neben der vertraglichen Abrede der Beteiligten über Verzugszinsen überhaupt anwendbar ist, weil schon der Tatbestand der Norm nicht erfüllt ist. Hier liegt kein von der Beklagten nicht zu vertretender Umstand vor, aufgrund dessen sie die Zahlung hätte verweigern dürfen. Wenn die Beklagte schon verpflichtet ist, zu zahlen, ohne das Ergebnis des Prüfungsverfahrens abwarten zu dürfen, gilt dies erst recht, wenn von ihr gar nicht erst ein ordnungsgemäßes Prüfungsverfahren eingeleitet worden ist.

Die Höhe des Zinsbetrages hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend errechnet. Hierauf wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Insoweit hat die Beklagte das von ihr angefochtene Urteil auch nicht angezweifelt.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren richtet sich nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Für eine Abänderung der Kostenentscheidung des Sozialgerichts besteht kein Anlass. Diese ist sachgerecht und lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Der Streitwert richtet sich nach § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz nach dem Wert des von der Klägerin verfolgten Gegenstands, soweit dieser im Berufungsverfahren noch im Streit ist.