Sozialgericht Hannover S 10 KR 675/06

SOZIALGERICHT HANNOVER

  • S 10 KR 675/06

Vom 2. September 2010

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

A ,

Prozess bevollmächtigte:

S,

gegen

C.,

hat das Sozialgericht Hannover

– 10. Kammer –

ohne mündliche Verhandlung am 2. September 2010

durch den Vorsitzenden, Richter 0 ..

sowie die ehrenamtlichen Richter E.,

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

 

Zwischen den Beteiligten steht die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung im Streit. Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus in F., das im Jahr 2007 im niedersächsischen Krankenhausplan für die Bereiche Neurologie und Neurochirurgie nicht aufgenommen war. Für diese Bereiche war in F. die G, -Klinik im Krankenhausplan aufgenommen.

Die bei der Beklagten krankenversicherte H. (Versicherte) erlitt am 22. Oktober 2007 einen Verkehrsunfall. Der DRK-Rettungsdienst beförderte sie in das klägerische Krankenhaus. wo ihre Kopfverletzungen behandelt wurden. Sie hatte eine Hirnblutung erlitten. Das klägerische Krankenhaus entließ die Versicherte am 29. November 2007 und forderte mit Rechnung vom 11 . Dezember 2007 für die Behandlung 55.101.40 € von der Beklagten, die die Zahlung verweigerte.

Mit der am 28. Juli 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ilu Begehren auf Kostenerstattung

und stützt den Anspruch auf eine Notfallbehandlung. Die Beklagte zahlte auf den offenen Rechnungsbetrag am 7. August 2008 einen Teilbetrag in Höhe von 18.215,66 €. Die Klägerin reduzierte ihre Forderung aufgrund einer veränderten Kodierung um 18.302.40 €.

Die Klägerin beantragt.

die Beklagte zu verurteilen, ihr für die stationäre Behandlung der Versicherten weitere 16.586,34 € nebst 2% Zinsen Ober dem Basiszinssatz ab dem 27. Dezember 2007 sowie weitere 2% Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 18.215.66 € für den Zeitraum vom 27. Dezember 2007 bis zum 6. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass sie den Teilbetrag unter Vorbehalt zur beliebigen Verrechnung und ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung lediglich zur Abwehr weitere Zahlungsansprüche geleistet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Patientenakte der Klägerin Bezug genommen. Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.

Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist im Gleichordnungsverhältnis zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenkasse statthaft. Es bedurfte keines Vorverfahrens oder Einhaltung einer Klagefrist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. Urteil vom 30. Juni 2009, 8 1 KR 24/08 R)

2.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Klägerin keinen Versorgungsauftrag für den Bereich der Neurologie und -chirurgie besitzt (a) und auch keine Notfallbehandlung vorlag (b).

a)

Der Vergütungsanspruch für den streitigen Bellandlungsfal1 sieht der Klägerin nicht nach § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem am 1. November 1992 in Kraft getretenen Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs. 2 Nr. 1,2, 4 und 5 SGB V zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen (Niedersächsischer Landesvertrag) zu.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsteht die Zahlungsverpflichtung einer gesetzlichen Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i.S. des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber. wenn die Versorgung i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich war und im Rahmen des Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung erfolgte. Bei den Plankrankenhäusern gilt die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan gemäß § 109 Abs. 1 Salz 2, 2. Alternative SGB V als Abschluss des Versorgungsvertrages

Die Klägerin hat eine Leistung außerhalb ihres Versorgungsauftrages erbracht, weil sie im Jahr 2008 für den Bereich der Neurochirurgie nicht im Krankenhausbedarfsplan aufgenommen war. Entgegen ihrer Auffassung hat sie eine Leistung der Neurochirurgie erbracht, da die Patientin ein schweres Schädelhirntrauma erlitten hatte. dessen Behandlung im Vordergrund stand und der Neurochirurgie zuzuordnen ist.

b)

Der Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 109 Abs. 4 Satz 38GB V i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 3, 2 Halbsatz des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG), Danach dürfen Entgelte für die Behandlung von Notfallpatienten auch außerhalb des Rahmens des Versorgungsauftrages berechnet werden.

Ein Notfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3. 2 Halbsatz KHEntgG ist gleichbedeutend mit dem Notfallbegriff des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach liegt ein Notfall nur vor, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Patienten so dringlich ist, dass ein zugelassener Leistungserbringer nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden kann (Bundessozialgerichts, Urteil vom 31. Juli 1963. 3 RK 92/59: Beschluss vom 14. Dezember 2006. B 1 KR 11 4/06 B). Eine dringende Behandlungsbedürftigkeit ist anzunehmen, wenn ohne sofortige Behandlung Gefahr für Leib und Leben bestehen oder Schmerzen unzumutbar lange andauern würden. Keine Notfallbehandlung liegt vor, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten es zulässt, dass er einen zugelassenen Leistungserbringer aufsuchen kann und eine Behandlungsbedürftigkeit wegen eines Notfalls endet. wenn der Versicherte zu einem zugelassenen Leistungserbringer verlegt werden kann (Bundessozialgericht. Urteil vom 18. Juli 2006. B 1 KR 9/05 R: Urteil vom 28. Juli 2008. B 1 KR 5/08 R).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lag im Falle des Versicherten kein Notfall vor. Der DRK-Rettungsdienst hätte sie in ein zugelassenes Krankenhaus transportieren können. etwa in die 1. , die mit Schriftsatz vom 24. August 2009 gegenüber der Beklagte angab, in der Lage zu sein. jederzeit 24 Stunden Schädel-Hirn-Traumatisierte zu aufzunehmen und zu versorgen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung

(VwGO).