Doppelkodierung: Was ist erlaubt??

Die Steuergruppe der FoKA (DGfM) hat vor kurzem wieder eine Sitzung im Frankfurter Umfeld gehabt. Eine interessante Diskussion ergab sich zum Thema „Mehrfachkodierung und Doppelkodierung“.

Ist die Beschreibung einer Krankheit mit zwei Schlüsselnummern aus der ICD erlaubt oder nicht? Immer wieder spielt die Frage eine wichtige Rolle bei der Auseinandersetzung zwischen Krankenhäusern und MDK. Anlass war die Anfrage mit der Nummer 91: Ein Patient bekommt aufgrund einer relativ banalen Verletzung (Risswunde am Bein) eine schwere Entzündungsreaktion (nekrotisierende Fasziitis). Diese Komplikation wird kodiert mit M72.66 Nekrotisierende Fasziitis. Darf man jetzt (oder darf man nicht) die T79.3 Posttraumatische Wundinfektion, andernorts nicht klassifiziert zusätzlich kodieren, oder nicht?

Was spricht gegen Doppelkodierung?

Tatsache ist, dass weder in den Kodierrichtlinien, noch in den amtlichen Katalogen eine klare Aussage zur Doppelkodierung getroffen wird. Die „Gegner“ der Mehrfachverschlüsselung (etwa der MDK aber auch manche renommierte Gutachter im DRG-Bereich) argumentieren gemeinhin wie folgt:

  1. Die Kodierrichtlinie D012 (“Mehrfachkodierung”) regelt die Zulässigkeit einer Doppelkodierung.
  2. Hier wird zunächst die Kreuz-Stern-Systematik beschrieben (Punkt 1).
  3. Dann wird festgestellt, dass für bestimmte Situationen eine andere Form der Doppelklassifizierung, als die des Kreuz-Stern-Systems anwendbar sei (Punkt 2). Diese Situationen werden dann „aufgezählt“.
  4. Der Begriff „Aufzählung“ bedeute, dass die Liste abschließend sei. Es sollen also keine weiteren Doppelkodierungen erlaubt sein.

Was spricht für Doppelkodierung?

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Die gleiche Stelle aus den Kodierrichtlinien kann man auch anders interpretieren, insbesondere, wenn man den Text genau liest:

  1. Punkt 1 der Kodierrichtlinie D012 wird eingeleitet mit den Worten “Mehrfachkodierung ist in den folgenden Fällen erforderlich:“. Wenn es sich hier um eine Ausnahme von einem generellen Verbot handeln würde, dann würde dort anders formuliert werden, etwa: “Mehrfachkodierung ist in den folgenden Fällen (ausnahmsweise) erlaubt:“. Das deutet darauf hin, dass kein generelles Verbot gelten soll.
  2. Etwas weiter im Text steht ein Satz zur Hauptdiagnosenregelung. Dieser soll klar machen, dass die Doppelkodierung (nämlich Ätiologie/Manifestations-Kombinationen) aus der Hauptdiagnosenregelung nicht eingeschränkt wird. Tatsächlich beschreibt die DKR D002 eine Doppelkodierung: Wenn ein Symptom Hauptdiagnose wird, wird die zugrundeliegende Krankheit mit verschlüsselt. Es gibt also durchaus Doppelkodierungen außerhalb der Liste der Kodierrichtlinie D012.
  3. In den redaktionellen Hinweisen zu den Deutschen Kodierrichtlinien steht ausdrücklich beschrieben, dass die aufgelisteten Punkte im DKR D012 Beispiele sind. Die Formulierung ist ein klarer Hinweis, dass keine “abschließende Auflistung” gemeint war.

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 Ist dann jetzt alles klar?

Es gibt noch ein wichtiges anderes Argument, mit denen Krankenhausvertreter vom MDK gerne traktiert werden. Ich möchte es Ihnen nicht vorenthalten: Man könne doch Y69! Zwischenfälle bei chirurgischem Eingriff und medizinischer Behandlung kodieren, um eine Komplikation zu beschreiben. Allerdings ist diese Kodegruppe sehr vage und unspezifisch. Die “T-Kodes”, die gemeinhin benutzt werden um Komplikationen zu beschreiben sind meistens viel präziser, also besser.

Ich gehe stark davon aus, dass die Verfasser der Kodierrichtlinien (die Selbstverwaltung) die genannten Formulierungen gewählt haben, ohne sich der Tragweite vollumfänglich bewusst zu sein. Allerdings spricht nichts dafür, dass die Kodierrichtlinien die Kombination zweier Kodes verbieten wollte. Zum Beispiel die Fasziitis aus dem Beispiel am Anfang kann m. E. durchaus sinnvoll und korrekt mit zwei Schlüsseln kodiert werden.

Die Selbstverwaltung kennt das Problem nunmehr seit ca. 10 Jahren und hat die entsprechenden Formulierungen niemals geändert. Daher ist auch nicht erkennbar, warum die Regelungen in einer Schärfe ausgelegt werden sollen, die im Wortlaut schlicht nicht enthalten ist.

Dennoch: Letztlich ist erst “alles klar”, wenn das Bundessozialgericht hierzu eine Interpretation verkündigt. Besser wäre es noch, wenn stattdessen der lang erwartete Bundesschlichtungsausschuss dazu mal Stellung nehmen würde.

Dürfen wir denn nun?

Was nicht verboten ist, ist eben erlaubt. Daher kann ich nur dazu raten, beim Thema Mehrfachkodierung mutig zu sein und zur Not auch die Klage zu erwägen. Das ist auch der Rat den wir in unserem Online Training geben. Dazu kommentierte eine Mitarbeiterin eines Krankenhauses, dass es besser sei, hier nicht so forsch zu empfehlen: Es gebe jetzt eine Menge Ärger mit dem MDK diesbezüglich.

Das mag so sein und wer die Auseinandersetzung darüber nicht führen möchte, sollte tatsächlich zurückhaltend sein. Unsere Empfehlung ändert  sich aber nicht: Auf die Doppelkodierung zu bestehen ist keineswegs frech oder aussichtslos. Es ist vielmehr Ihr gutes Recht.

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