Radiojod-Therapie: Kasse will Rabatt

shots studio shutterstock_143748379Ein interessantes Urteil zum Thema Zahlungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung kommt aus Dresden: S 47 KR 439/12 vom 27.02.2015. Es geht dabei um die Radiojod-Therapie. Bei dieser Therapie mit Radionukliden werden die Patienten tagelang in einem “Strahlenbunker” interniert (siehe Info weiter unten).

Die Kasse wollte den Aufenthalt nicht vergüten. Laut Kostenträger hätte keine stationäre Behandlungsnotwendigkeit bestanden. Die Patientin müsse nur aus Strahlen­schutz­gründen stationär behandelt werden.

Strahlenschutz sei eine allgemeine Gefahrenabwehr und falle in die Zuständigkeit der Länder, so die Kasse. Also müssen Krankenhäuser die Rechnung für eine Radiojod-Therapie beim Landesamt für Gesundheit und Soziales einreichen?

Radiojod-Therapie: Das SG Dresden urteilt

Das SG Dresden schmettert diese spannende Kassen-Idee ab und hat dafür eine nachvollziehbare Begründung geliefert. Die erkennende Kammer zieht eine Parallele zu den “sozialen Gründen” bei der stationären Durchführung einer Behandlung, die mit Kategorie 1 im AOP-Katalog steht.

Wenn jemand zu Hause in seinem sozialen Umfeld nicht angemessen versorgt ist, darf eine Behandlung, die grundsätzlich ambulant durchzuführen ist, stationär abgerechnet werden. So kann etwa eine Leistenbruch-Operation bei einem wohnungslosen Patienten auch zu lasten der Krankenkasse stationär abgerechnet werden.

Ähnlich ist es beim  Strahlenschutz: Tatsächlich wird die stationäre Durchführung einer Radiojod-Therapie erforderlich, weil das Umfeld des Patienten (und eben nicht der Patient selbst) gegen die Auswirkungen der ionisierenden Strahlung geschützt werden muss. Aber auch eine solche nicht-medizinische Begründung kann eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auslösen.

Das Gericht hat die Sprungrevision zum BSG zugelassen; das Verfahren steht auf der Agenda des BSG (B 1 KR 18/15 R).

Radiojod-Therapie
Diese (Bestrahlungs-)Therapie wird zur Behandlung gut- und bösartiger Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt. Sie wird als „Innere-Bestrahlung“ bezeichnet, bei der das Radiojod als Kapsel eingenommen, im Magen aufgenommen und über die Blutbahn in die Schilddrüse geleitet wird. Die radioaktive Form des Jod wird vom Körper genauso aufgenommen wie das natürliche Spurenelement Jod, das in der Nahrung vorkommt. Nach 24 Stunden hat die Schilddrüse etwa 50 % des radioaktiven Jods gespeichert, der Rest wird über die Nieren ausgeschieden. Radioaktives Jod zerfällt mit einer Halbwertszeit von 8 Tagen (Betastrahlen werden von der Schilddrüse absorbiert, Gammastrahlen treten aus dem Körper aus).


Foto: © shots studio – Shutterstock

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