BSG: Biopsie der Lunge misslungen

Wie wird eine Biopsie kodiert, die nicht das gewünschte Gewebe ergeben hat? Das BSG hat am 26.09.17 eine Antwort gegeben (Az. B 1 KR 9/17 R). Eine laienhafte versteht sich. Und natürlich zum Nachteil des Krankenhauses.

Der Fall: Biopsie misslungen

In einem Hamburger Krankenhaus sollte im Sommer 2011 ein Rundherd in der rechten Lunge bronchoskopisch abgeklärt werden. Dazu wurde unter Durchleuchtung eine transbronchiale Biopsie genommen. Vermeintlich aus dem Rundherd.

Die spätere Histologie ergab jedoch, dass kein Lungengewebe in der Probe angetroffen wurde.

Das Krankenhaus kodierte dennoch die erlöswirksame Biopsie der Lunge. Später wurde dieser Kode vom MDK kritisiert: Da kein Lungengewebe getroffen wurde, sei auch keine Lungenbiopsie erfolgt. Die Kasse verrechnete 1.663 Euro.

Auszug aus dem OPS 2011: Biopsie an respiratorischen Organen

Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz bestätigten die Sozialgerichte an der Elbmündung die Krankenhausforderung. Die AOK Rheinland/Hamburg ging jedoch in die Revision und stieß in Kassel auf mehr Verständnis für ihre Sichtweise.

BSG: Nicht vollendet = nicht kodiert

Selbständige Arbeit als Kodierfachkraft / MD-Managerin / Beraterin.

Klingt das für dich nach einer guten Idee?
Dann ist unser Partnerprogramm für dich gemacht!

Das BSG hat in seiner Pressemitteilung erklärt, dass die Prozedur nicht kodierfähig sei. Das Krankenhaus berief sich in der Klageschrift auf die Kodierrichtlinie P004, die die Verschlüsselung einer nicht vollendeten Prozedur regelt.

Der erste Senat des BSG verneint die Kodierfähigkeit dennoch: Wenn nicht das richtige Zielgewebe getroffen wurde, ist die Prozedur eben nicht zu kodieren. Genaueres können wir in der schriftlichen Urteilsbegründung erwarten.

Spezielle Fragen zur Kodierung und im MD-Management ohne aufwendige Recherche beantworten?
Unser online Praxis-Handbuch!

Konsequenzen?

Das Urteil ist in seinem Tenor nicht überraschend, weil es zur Grundeinstellung des erstens Senats passt: Jedem, der Geld von einer Krankenkasse verlangt, ist zu misstrauen.

Es sorgt aber (mal wieder) für erhobene Augenbrauen. Aus mehreren Gründen ist die Forderung des Krankenhauses nachvollziehbar:

  1. Der OPS beschreibt eine Biopsie an der Lunge. Damit ist die Prozedur und nicht das Ergebnis gemeint (sonst stünde dort Biopsie der Lunge).
  2. Die DKR P004 beschreibt diese Art von “misslungenen” Prozeduren: Sie sind kodierfähig.
  3. Der Aufwand, das Komplikationsrisiko und der entsprechende Überwachungsbedarf sind vom histologischen Ergebnis völlig unabhängig. Das DRG-System will kostenhomogene Gruppen bilden. Daher ist es aus Systemsicht unsinnig, die Kodierung dieser Prozedur zu verbieten.

Offenbar wird beim BSG erneut passend gemacht, was offenbar nicht passend sein sollte.

Bleibt noch der Umkehrschluss zu hinterfragen: Ich habe mal einen spannenden histologischen Befund nach Leberblindpunktion gelesen. Er identifizierte und beschrieb Gewebeanteile von Leber, Zwerchfell und Lunge.

Jetzt die Quiz-Frage an Sie: Wie kodieren Sie diese Biopsie?

  • A   1-441.2 Perkutane (Nadel-)Biopsie: Leber
  • B   1-431.2 Perkutane (Nadel-)Biopsie am Zwerchfell
  • C   1-431.0 Perkutane (Nadel-)Biopsie an der Lunge
  • D   Alle drei Antwortmöglichkeiten sind richtig


Patrick J. Lynch, medical illustrator

Online Schulungen Kodierung für Profis und Anfänger?
Schauen Sie sich unsere E-Learning-Angebote an!