Aufnahmegrund auch ohne Gefahr im Verzug

(c) James Steidl - FotoliaWir alle kennen die Strenge des MDK: Die Indikation für eine vollstationäre Behandlung wird manchmal sehr kritisch gesehen. Wenn es nicht gerade eindeutige Notfälle betrifft, beruht die MDK-Begutachtung etwa auf die folgenden Grundregeln:

  1. Es muss eine vitale Bedrohung vorliegen, oder
  2. es muss eine (indizierte) intravenöse Therapie stattfinden, oder
  3. es muss eine Operation / Intervention stattfinden, die nicht ambulant erfolgen kann.

Zumindest sollen alle ambulante Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sein, so sieht es der MDK.

Im Grunde wird hier eine Gesetzesvorschrift für den täglichen Gebrauch “übersetzt”: § 39 SGB V “Krankenhausbehandlung”. Das Prinzip: Eine vollstationäre Behandlung ist nur erlaubt, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (s. auch unseren Artikel dazu).

Was alles nicht gehen soll

Diese Regel in der Lesart des MDK führt dazu, dass viele Gründe, die zu einer Krankenhausbehandlung führen oder diese verlängern können, regelmäßig als “nicht medizinisch” vom Tisch gewischt werden:

  • Chronische Schmerzen, die den Patienten nicht nachweislich weitgehend immobilisieren.
  • Chronische Krankheitszustände, wenn keine präzise Darlegung aller ambulanter Behandlungsversuche möglich ist.
  • Eine erforderliche Rücksprache mit Familie / Betreuern, die nicht unmittelbar zur Verfügung stehen.
  • Schlimme Nachrichten, über die ein Patient vor Entscheidungen einige Tage nachdenken möchte.
  • Schaffen von Voraussetzungen für die Entlassung (etwa Bereitstellung eines Pflegebettes, Heimsauerstoffgeräts oder schlicht eines Platzes in der Kurzzeitpfliege).

Diese Liste ließe sich noch um viele Punkte erweitern. Allerdings lohnt es sich an diesem Punkt, das eigenständige Denken und Urteilen nicht völlig aufzugeben. Der MDK hat nicht immer Recht! Die genannten Punkte stammen keineswegs aus Gesetzen, Regelungen oder Gerichtsurteile.

Wir hatten für einen Kunden in der Vergangenheit einen Fall als “Verlierer” aufgegeben. Trotzdem hat das Krankenhaus eine Klage (SG Koblenz S 13 KR 1193/13 vom 27.07.2015) eingeleitet und unser Kunde sollte Recht behalten: Fünf Jahre nach der Behandlung kam es zu einem erfreulichen Ergebnis…

Chronische Anämie als Aufnahmegrund

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Eine betagte Patientin wurde 2010 in einer Abteilung, die überwiegend Geriatrie macht, stationär aufgenommen. Der Hausarzt hatte die demente Dame wegen chronischer Anämie bei stark reduziertem Allgemeinzustand eingewiesen. Das MDK-Gutachten schloss auf eine primäre Fehlbelegung:

MDK_Gutachten

 

Unsere Argumentation war zwecklos: “Keine neuen Gesichtspunkte”. Der Gutachter, dem das Gericht trotz MDK-Protesten folgte, stellt aber fest:

  • Weil der Hausarzt eingewiesen hat, durften die Krankenhausärzte davon ausgehen, dass ambulante Behandlungsmöglichkeiten erschöpft waren.
  • Nach Durchführung der Basisdiagnostik war eine Einwilligung durch die Betreuerin nicht kurzfristig möglich (war nicht erreichbar), was bedeutete, dass invasive Diagnostik und Therapie so lange warten mussten.
  • Das Alter und die Demenz der Patientin machte die Verständigung schwierig und langwierig, was ebenfalls eine unvermeidbare Verzögerung der Behandlung begründete.

Die Urteilsbegründung finden Sie hier. Wir haben gelernt, dass es sich manchmal lohnt, die Gerichte zu fragen, auch wenn man mit “organisatorischen Schwierigkeiten” argumentieren muss.
Foto: © James Steidl – Fotolia

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