Ausgeträumt: Beschleunigungsgebot

(c) Jörg Lantelme - BeschleunigungsgebotWir haben uns lange Jahre über extrem späte Prüfwünsche der Kassen geärgert. Vier Jahre nach der Rechnungslegung, immer so im September, trudelte die Post vom MDK ein. Der Gesetzgeber hat dem Treiben ein Ende gesetzt: Die Sechs-Wochen-Frist begründete 2007 erstmals ein Beschleunigungsgebot.

Beschleunigungsgebot mit Fernwirkung?

Sofort wurden Fragen aufgeworfen: Gibt es auch Grenzen bei der Dauer der MDK-Begutachtung? Und natürlich: Darf die Kasse “Altfälle” nach wie vor kurz vor der Verjährung prüfen lassen?

Während der dritte Senat beim Beschleunigungsgebot durchaus geneigt war, laut über eine erweiterte Gültigkeit nachzudenken, sah es der erste Senat konsequent ganz anders. In einem Urteil vom 17.12.2013 (B 1 KR 14/13 R) machte der Senat klar, dass die Benennung von Auffälligkeiten (“Anfangsverdacht”) nicht erforderlich ist. Außerdem wurde klar, dass die Kasse das Prüfverfahren grundsätzlich über Jahre ausdehnen darf. Bis zur Verjährung darf die Kasse immer noch mal nachfragen. Andererseits ist der MDK keineswegs an die Fragestellung der Kasse gebunden. Lesen Sie unseren ausführlichen Bericht über dieses Urteil.

Ein Beschleunigungsgebot gibt es nicht

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Jetzt hat der erste Senat eine Urteilsbegründung herausgegeben, die diesen Trend präzise weiter verfolgt. Nicht sehr überraschend also.

Der Fall spielt sich im Saarland ab: ein Krankenhaus behandelt eine Patientin mit einer Oberschenkelfraktur, Die Rechnung wird im Juli 2006 gelegt. Erst im September 2010 geht das Schreiben der Kasse ein: Der Fall soll geprüft werden.

Das Krankenhaus verweigert die Mitwirkung und die Kasse erhebt, noch im Jahr 2010, Klage. Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht geben dem Krankenhaus Recht. Jetzt entscheidet das Bundessozialgericht aber anders (B 1 KR 48/12 R vom 01.07.2014) und hebt beide Urteile auf. Die Kernpunkte der Urteilsbegründung:

  1. Es gibt kein Beschleunigungsgebot, es gibt nur die vierjährige Verjährungsfrist. Ansprüche der Kasse können durch “Nichtstun” innerhalb der Verjährungsfrist nicht verwirkt sein. (siehe auch BSG B1 KR 2/13 R vom 01.07.14)
  2. Eine Auffälligkeit ist immer dann gegeben, wenn die Kasse eine Rechnung auffällig findet.
  3. Die Kasse muss dem Krankenhaus nicht mitteilen, warum sie den Fall auffällig findet.

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Schützende Hand

Der Senat hält, wie so oft, seine schützende Hand über die Ansprüche der Krankenkassen. Dabei wird immer wieder betont, dass das “Informationsgefälle” zwischen Krankenhaus und Krankenkasse ausgeglichen werden soll. Durch “Informationsgebote” zum Beispiel, mit denen das Bundessozialgericht die Sechs-Wochen-Frist aushöhlt und die Pflicht zur Beauftragung des MDK in Frage stellt (Siehe verschiedene Artikel zu diesem Thema: 1, 2 und 3).
Foto: © Jörg Lantelme – Fotolia

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